Chef der Muslimbrüder in Ägypten festgenommen
»Anstachelung zur Gewalt«: Prozesse gegen Führung der Islamisten startet Ende August / Westen: Unser Einfluss auf Ägypten ist begrenzt
Kairo (Agenturen/nd). Im Machtkampf mit den Islamisten haben die ägyptischen Sicherheitskräfte in der Nacht zum Dienstag den Chef der Muslimbrüder, Mohammed Badie, festgenommen. Der 70-Jährige wurde nach Angaben des Innenministeriums unter dem Vorwurf der »Anstachelung zur Gewalt« in Kairo festgenommen.
Ein Vertreter der Sicherheitskräfte sagte der Nachrichtenagentur AFP, Badie habe sich in der Hauptstadt Kairo in einer Wohnung unweit des Rabaa-al-Adawija-Platzes aufgehalten. Dort waren am vergangenen Mittwoch zahlreiche Anhänger der Muslimbrüder und des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi getötet worden, als Sicherheitskräfte den Platz gewaltsam räumten.
Zusammen mit Badie wurden nach Angaben des Innenministeriums zwei weitere hochrangige Mitglieder der Muslimbruderschaft festgenommen. Zunächst war nur von einer weiteren Festnahme die Rede. Das Fernsehen zeigte in der Nacht Aufnahmen von Badie, wie er von Polizisten abgeführt wird.
Gegen den 70-Jährigen und weitere führende Vertreter der Muslimbrüder war am 10. Juli, eine Woche nach dem Sturz Mursis durch die Armee, Haftbefehl erlassen worden. Dieser lautet auf den Vorwurf der »Anstachelung zur Gewalt«. Die Prozesse gegen die Führungsmitglieder der Muslimbrüder, darunter Badie, sollen ab dem 25. August stattfinden.
Die Muslimbrüder erklärten derweil, ihren Kampf gegen die neuen Machthaber auch nach der Verhaftung ihres Oberhauptes fortsetzen zu wollen. Ein Sprecher der Bewegung erklärte am Dienstag, Badia sei letztlich auch nur eines von vielen Mitgliedern der Bruderschaft, die tief in der ägyptischen Gesellschaft verankert sei. Die Kampagne der Bewegung gegen den »Militärputsch« werde weitergehen, erklärte Ahmed Aref.
Mitglieder und Sympathisanten der Muslimbruderschaft starteten nach der Verhaftung eine Kampagne im Kurznachrichtendienst Twitter unter dem Motto »Ich bin der Murschid«. »Murschid« ist der Titel des Oberhauptes der Muslimbrüder. Die Gegner der islamistischen Regierung hatten während ihrer Protestaktionen, die am 30. Juni in einer Massenkundgebung mit Millionen von Teilnehmern endete, »Nieder mit der Herrschaft des Murschid« gerufen, weil Badia aus ihrer Sicht der Strippenzieher war und Mursi seine Marionette.
Angesichts der Gewaltspirale stellte Bundeskanzlerin Merkel die Zusammenarbeit mit Kairo in Frage. »Wir stellen unsere Zusammenarbeit mit Ägypten im Lichte der weiteren Entwicklung auf den Prüfstand«, sagte sie der »Passauer Neuen Presse«. »Die Verantwortlichen auf allen Seiten dort, beim Militär ebenso wie bei den Muslimbrüdern und anderen Gruppierungen, müssen die Gewalt unverzüglich beenden und den Weg einer nationalen Versöhnung einschlagen«, forderte die Kanzlerin. Auch nach dem bisher vergeblichen Einsatz Deutschlands und anderer Staaten für eine friedliche Lösung dürfe in den diplomatischen Bemühungen nicht nachgelassen werden.
Allerdings hat die internationale Gemeinschaft derzeit relativ wenig Einfluss auf die Ereignisse in Ägypten, wie auch US-Verteidigungsminister Chuck Hagel eingestand. »Unsere Fähigkeit, das Ergebnis in Ägypten zu beeinflussen, ist begrenzt«, sagte Hagel am Montag in Washington. »Es hängt von der ägyptischen Bevölkerung ab.«
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