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Schalke freut sich über Fehlstart

Zufriedenheit über 1:1 gegen Saloniki - auch wenn das Champions-League-Aus droht

  • Thomas Lipinski und Jörg Mebus, SID
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem 1:1 gegen PAOK Saloniki droht Schalke 04 das Aus im Millionenspiel Champions League. Wundersamerweise waren die Schalker sehr zufrieden mit dem Spiel.

Erst nach dem Schlusspfiff liefen die Fehlstarter von Schalke 04 zu Höchstform auf. »Überragend«, »toll«, »sehr dominant«, »um Klassen besser« - Julian Draxler und Co. klopften sich gegenseitig auf die Schulter und redeten sich nach dem enttäuschenden 1:1 (1:0) im Playoff-Hinspiel zur Champions League gegen PAOK Saloniki ihre Fußballwelt schön. Es klang wie nach einem rauschenden Europapokalfest. Dabei laufen die Gelsenkirchener Gefahr, die dringend benötigten Millionen aus der Königsklasse zu verspielen und die neue Saison schon in den ersten Wochen in den Sand zu setzen.

Denn objektiv betrachtet war es ein höchst unerfreulicher Abend: Nicht nur brachten sich die einfallslosen Schalker gegen die international zweitklassigen und eigentlich schon ausgeschiedenen Griechen vor dem Rückspiel am kommenden Dienstag unnötig in die Bredouille. Nach dem Ausfall von Torjäger Klaas-Jan Huntelaar verloren sie zudem mit dem Torschützen Jefferson Farfán wegen einer schweren Knöchelprellung ihre zweitbeste Offensivkraft. Und zu allem Überfluss überschattete ein Großeinsatz der Polizei in der eigenen Nordkurve wegen einer ehemaligen mazedonischen Fahne das Spiel.

Dennoch lobten sich die Schalker nach dem Wiedersehen mit ihrem Jahrhunderttrainer Huub Stevens vor allem selbst. Mittelfeldrenner Jermaine Jones hatte eine »überragende erste Halbzeit« gesehen, Kapitän Benedikt Höwedes fand die Leistung vor der Pause »toll«, Torhüter Timo Hildebrand seine Mannschaft »sehr dominant«, und Jungstar Draxler war sich gar »sicher, dass wir den ersten Schritt Richtung Trendwende gemacht haben«. Die wenig kreative Vorstellung mit lediglich zwei klaren Torchancen sei »um Klassen besser« gewesen als zuletzt beim 0:4 in der Bundesliga gegen den VfL Wolfsburg.

Auch Trainer Jens Keller stimmte in die Lobhudelei mit ein. »Sehr viele gute Aktionen nach vorne« hatte der Nachfolger von Stevens ausgemacht und sah trotz der schwierigen Ausgangslage »sehr, sehr gute Möglichkeiten weiterzukommen«. Allgemeiner Tenor nach 94 zähen Minuten gegen einen mit Mann und Maus verteidigenden Gegner: »Wir hatten alles im Griff«. Das meinte nicht nur Benedikt Höwedes, der die Zuhörer irgendwie an Schlagersänger Udo Jürgens erinnerte. Es fehlte nur noch der Zusatz »auf dem sinkenden Schiff«.

Die unkritische Schalker Selbstreflexion könnte sich am Dienstag in Thessaloniki als teure Fehleinschätzung erweisen. Denn um an die 20 Millionen Euro zu kommen, die in der Gruppenphase winken, muss der derzeit 13. in der Bundesliga nun in Griechenland gewinnen - wohl ohne Farfán. »Das ist ganz, ganz bitter«, meinte Keller, nachdem der beste Schalker in der Schlussphase vom Platz getragen worden war. Wie lange der Peruaner ausfällt, ist offen. Zumindest blieben die Bänder unversehrt. Mit Blick auf den ohnehin schon fehlenden Huntelaar fügte Keller an: »Wenn alle der Reihe nach wegbrechen, wird es schwer. Denn in der Breite sind wir nicht so gut aufgestellt.«

Viele Beobachter gewinnen indes schon nach den ersten Saisonspielen die Erkenntnis, dass der Champions-League-Aspirant generell nicht so gut aufgestellt ist, wie er glaubte. Auch gegen Saloniki wurden altbekannte Defensivschwächen der Außenverteidiger und fehlende Kreativität im Mittelfeld deutlich. »Es reicht im Moment einfach nicht«, gab immerhin Hildebrand zu.

Sportvorstand Horst Heldt kündigte weitere Aktivitäten auf dem Transfermarkt an: »Wir werden versuchen, unsere Ideen umzusetzen.« Schalke sucht ohnehin noch einen Ersatz für den kurz vor Saisonbeginn abgewanderten Michel Bastos, ursprünglich hatte auch ein rechter Verteidiger auf der Wunschliste gestanden. Nun wird wieder ein Stürmer gesucht.

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