Kampf um Olympia
In zwölf Tagen entscheidet das IOC, ob sich Ringen, Baseball oder Squash 2020 olympisch nennen darf
Britische Buchmacher gehen nur selten Risiken ein. Wenn sie Wetten anbieten, dann eruieren sie vorher genau, wonach sie ihre Quoten bemessen. Im Zuge der 125. Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Buenos Aires bekommen Wetter am wenigsten Geld für die Favoriten Tokio, Thomas Bach und Ringen. Am 7. September wird demnach Japans Hauptstadt zum Olympiagastgeber 2020 gewählt. Am 10. wird ein Ex-Fechter zum IOC-Präsidenten. Und am 8. wird eine schon rausgeworfene Sportart doch drin bleiben, als wäre nie was gewesen.
Am wenigsten überraschend wird dabei Letzteres sein, denn den Bemühungen der Mattenkämpfer hatten Base- und Softballer sowie Squashspieler medial nichts entgegen zu setzen. Der weltweite Aufschrei über den Rausschmiss der Ringer war so groß, dass Wladimir Putin höchstpersönlich mal wieder IOC-Hände schüttelte wie zuletzt im Juli 2007, woraufhin die obersten Olympier das subtropische Sotschi zum Austragungsort von Winterspielen machten. In Japan wurden schon im Mai 821 342 Unterschriften für den Verbleib Ringens im Olympiaprogramm gezählt. Mittlerweile dürften es mehr als eine Million sein. Weitere Werbemaßnahmen umfassten Showkämpfe in der Grand Central Station von New York und Verbrüderungen zwischen Iranern und Amerikanern.
Ausgerechnet Bach bescheinigte den Ringern kürzlich, dass sie gute Chancen hätten zu bestehen: »Nach meinem Eindruck hat der internationale Verband die Botschaften, die ihm gesendet worden sind, sehr gut verstanden.« So ist Ringen also 4:7-Favorit der Buchmacher, vor Squash (7:4) und Baseball/Softball (8:1).
Dabei hat Squash durchaus etwas zu bieten, denn die Trendsportart - zumindest ist sie weit moderner als Ringen - hat im vergangenen Jahrzehnt eine Menge Änderungen durchlebt. Plexiglaswände lassen nun Fernsehübertragungen und den Videobeweis zu. Große Sponsoren wurden akquiriert, was auch dazu führte, dass der Sport mittlerweile in 185 Ländern weltweit gespielt wird. »Diese Revolution wird uns bis zu den Olympischen Spielen tragen«, ist Ramy Ashour überzeugt. Der 25-jährige Ägypter muss so etwas sagen, schließlich ist die Nummer 1 der Welt das Aushängeschild der Olympiakampagne. Jene Revolution der Telegenität ist Resultat von zwei gescheiterten Olympiabewerbungen. Vielleicht mag manch IOC-Mitglied das ja doch honorieren und den Ringern damit sagen: »Unterschriften reichen nicht. Eine Revolution muss her!«
Chancenlos dürfte die Kombination Baseball/Softball bleiben. Die Hauptkritikpunkte, weshalb sie nach 2008 aus dem Programm geflogen waren, sind noch immer nicht ausgeräumt. So weigert sich die US-Profiliga Major League Baseball (MLB) weiter, ihre Saison zu unterbrechen, um die Stars für die Sommerspiele abzustellen. »Das ist einfach nicht möglich. Ich wünschte, es wäre anders«, sagte MLB-Commissioner Bud Selig.
Selig nannte Terminprobleme als Grund, doch vor allem bedrohen seine Stars die IOC-Dopingkontrollen. Dass das Problem immer noch virulent ist, zeigte der jüngste Skandal, als 14 Spieler gesperrt wurden, weil sie sich in der »Biogenesis«-Klinik in den USA mit Wachstumshormon und Testosteron behandeln ließen. Superstar Alex Rodriguez von den New York Yankees soll sogar 211 Spiele pausieren. Dumm nur, dass er trotzdem spielt, weil er Protest gegen die Sperre einlegte. Das geht nur in Ligen, die den WADA-Code nicht unterzeichnet haben. Auch das dürfte dem IOC kaum gefallen.
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