Keine Entscheidung über Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat
USA bezeichnen weitere Nachforschungen als »redundant«; Russland und China sind gegen ein militärisches Eingreifen
Das Wichtigste in Kürze
In New York ist am Mittwochabend (MESZ) der UNO-Sicherheitsrat zusammengetreten, um über eine von Großbritannien vorgeschlagene Resolution zu beraten, mit der ein Militäreinsatz in Syrien legitimiert werden soll. Die mit Spannung erwartete Sitzung ist ohne Beratungen über die Resolution zu Ende gegangen. Die Bundesregierung hat Russland dazu aufgerufen, dem Entwurf der Resolution zuzustimmen.
Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte, es sei gesichert, dass Syriens Armee Giftgas eingesetzt habe. Die Bemühungen des UNO-Inspektorenteams vor Ort bezeichnete er als »redundant«.
Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich haben bereits damit begonnen, Einsatzkräfte in der Region zusammen zu ziehen
Wer hat welche Interessen in Syrien?
Angst vor einem weiteren Krieg
Im Nahen Osten steigt die Angst vor einem weiteren Krieg. In Israel decken sich die Menschen mit Gasmasken ein, an den Grenzen zum Libanon und zu Syrien werden Truppen zusammengezogen. In Syrien selbst gebe es Hamsterkäufe, berichtet ein Journalist der Nachrichtenagentur Reuters aus Damaskus. Mehrere Medien berichten zudem unter Berufung auf Geheimdienstquellen, Syriens Militär habe in Erwartung eines baldigen Angriffs damit begonnen, Basen in Damaskus zu verlegen. Aus Zypern und in der Türkei melden Reporter eine erhöhte Aktivität der amerikanischen Streitkräfte vor Ort.
Beratungen des UNO-Sicherheitsrats ohne Ergebnis
Ob und falls ja wann der Militärschlag, an dem sich nach aktuellem Stand die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich beteiligen würden, kommen wird, ist derzeit unklar. Am Mittwochnachmittag trat in New York der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zusammen, um über einen Resolutionsentwurf des Vereinigten Königreichs zu beraten. Die mit Spannung erwartete Sitzung ist ohne Beratungen über die von Großbritannien vorgeschlagene Syrien-Resolution zu Ende gegangen. Das Gremium beriet bei dem Treffen in New York nur über den offiziellen Tagesordnungspunkt, den UN-Einsatz in Haiti. Großbritannien hatte zuvor angekündigt, den Entwurf für eine Resolution einzureichen, der »alle notwendige Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten vor Chemiewaffen« in Syrien erlaubt. Das würde Luftangriffe einschließen. Darin solle der Einsatz von Giftgas verurteilt werden und » erforderliche Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten« gestattet werden, erklärte Premierminister David Cameron. Vor allem der Widerstand Russlands könnte die Resolution zum Scheitern bringen. Am Nachmittag sprach sich die russische Regierung gegen die Verabschiedung einer Resolution aus; zunächst müsse der Untersuchungsbericht der UNO-Inspekteure In Syrien vorliegen.
Ein Sprecher der Vereinten Nationen erklärte, es werde noch dauern, bis die Inspekteure ihre Arbeit abgeschlossen haben. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte alle Beteiligten auf, dem Team vor Ort mehr Zeit zu geben, seine Arbeit zu machen. Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte allerdings, der Einsatz von Giftgas durch die syrische Armee sei längst bewiesen; weitere Nachforschungen »redundant«.
Sollte Russland, das als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat ein Veto-Recht hat, davon Gebrauch machen, würde dies die Planungen ins Stocken bringen. Vor allem im Weißen Haus sorgt man sich, dass einem Militäreinsatz ohne eine Resolution die völkerrechtliche Legitimation fehlen könnte.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hält derweil »angesichts der schrecklichen Bilder und Anschuldigungen« eine politische Lösung für »kaum noch vorstellbar«. Er forderte Russlands Regierung auf, für den Resolutionsentwurf zu stimmen.
Wenig Zustimmung für Militäreinsatz
In der Region stößt ein Militäreinsatz so oder so auf wenig Zustimmung: So hat die Arabische Liga, wie auch viele arabische Staaten, den Giftgaseinsatz verurteilt, sich aber auch gleichzeitig gegen ein militärisches Eingreifen ausgesprochen. Syriens Nachbarland Jordanien, wo sich eine recht große amerikanische Truppenpräsenz befindet, lehnt es sogar, anders als Saudi-Arabien, ab, als Aufmarschgebiet für einen Syrien-Einsatz zu dienen.
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