Empörung über Ausspähung: 20.000 auf der Straße
»Freiheit statt Angst«-Demonstration laut Bündnis ein »Riesenerfolg« / Forderung nach »Gauck-Behörde 2.0«
Berlin (Agenturen/nd). Aus Protest gegen die Überwachung des Internets sind am Samstag in Berlin tausende Menschen auf die Straße gegangen. Unter dem Motto »Freiheit statt Angst« demonstrierten sie gegen die Ausspähung der Telekommunikation durch Geheimdienste und für besseren Datenschutz. Die Veranstalter schätzten die Zahl der Teilnehmer auf 20.000 und sprachen von einem »Riesenerfolg«. Die Polizei gab zunächst keine Schätzung zur Teilnehmerzahl ab. Die Nachrichtenagentur dpa meldete, »andere Beobachter« würden von mehr als 10.000 Teilnehmern ausgehen.
»Wir sind heute hier, weil wir nicht hinnehmen, so dreist belogen zu werden. Weil wir nicht hinnehmen, dass die Geheimdienste alle bespitzeln. Weil wir nicht hinnehmen, dass das Internet nur noch zum Überwachen und Geldverdienen da ist«, erklärte die Netzaktivistin und Bloggerin Anne Roth.
Zu der Demonstration aufgerufen hatten weit über 80 verschiedene Organisationen, darunter Amnesty International, Attac, die Grünen, die Linke, der Chaos Computer Club und der Deutsche Journalisten-Verband sowie die Piratenpartei. Teilnehmer reisten aus dem gesamten Bundesgebiet an. Unter den Demonstranten waren auch amerikanische Datenschutz-Aktivisten und Vertreter des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen.
Zu der Demonstration aufgerufen hatten Netzaktivisten, Bürgerrechtsgruppen und die Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten. Der Protest richtete sich auch gegen die Bundesregierung, der die Demonstranten Untätigkeit in Anbetracht der Ausspähung deutscher Staatsbürger durch den US-Geheimdienst vorwarfen. Auf Plakaten waren Slogans zu lesen wie »Nur eine Diktatur braucht Zensur«, »Anonymität ist kein Verbrechen« oder »Pressefreiheit braucht Informationsschutz«. Zu der regelmäßig stattfindenden Demonstration seien vier Mal so viele Menschen gekommen wie bei der letzten Veranstaltung 2011.
»Geheimdienste wie die NSA bespitzeln hemmungslos weltweit Telefonate und Internetverkehr «, kritisierte Auftaktredner Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung. »Unsere Regierung, deren beeidete Pflicht es ist, Schaden von uns abzuwenden, lässt sich mit Beschwichtigungen abfüttern.« Oliver Moldenhauer von der Organisation SumOfUs.org schlug vor: »Wir brauchen eine Behörde, die die Überwachung durch Geheimdienste vollständig aufklärt. Man könnte sie auch Gauck-Behörde 2.0 nennen.«
Die Redner betonten, dass sich der Protest nicht nur gegen die Ausspähung durch Geheimdienste richte. Auch Überwachungsmittel in Deutschland wie die Bestandsdatenauskunft, Funkzellenabfragen und Online-Durchsuchungen müssten abgeschafft werden. Dies gelte ebenso für die Weitergabe von Bank- und Fluggastdaten an die USA.
Am Tag vor der Demonstration waren neue Berichte über das Ausmaß der Telekommunikationsüberwachung durch ausländische Geheimdienste bekannt geworden. Laut »New York Times« und »Guardian« können der US-Geheimdienst NSA und sein britischer Partnerdienst GCHQ auch verschlüsselte Internetkommunikation mitlesen. Gängige Verschlüsselungstechniken für E-Mails, Banküberweisungen oder Telekommunikation seien keine Hindernisse.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.