Bessere Klagechancen gegen Ärzte

Patientenrechte: Umkehr der Beweislast zugunsten der Patienten

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat Patienten die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen erleichtert. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein ärztlicher Befund nicht erhoben oder nicht dokumentiert worden ist.

Denn: Ergeben sich aus dem fehlenden Befund gesundheitliche Risiken und Beeinträchtigungen, dann gilt eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten. Das entschieden die Richter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe in einem am 13. August 2013 veröffentlichten Urteil (Az. VI ZR 554/12).

Im Streitfall litt die später verstorbene Patientin jahrelang unter Kopfschmerzen. Am 3. Februar 2002 wurde sie deswegen vom ärztlichen Notdienst in ein Krankenhaus in Sachsen-Anhalt eingewiesen. Dort war der neurologische Befund unauffällig, auch Hinweise auf eine epileptische Aktivität wurden nicht festgestellt.

Trotz verabreichter schmerz- und entzündungshemmender Medikamente verstärkten sich am Folgetag die Schmerzen. Wie die Medikamente gewirkt haben, wurde von der behandelnden Ärztin nicht dokumentiert.

Erst jetzt wurde ein Blutgerinnsel in einer Hirnvene diagnostiziert. Damit verbunden waren epileptische Krämpfe im Hirn. Die nun einsetzende Behandlung mit einem Blutgerinnsel lösenden Arzneimittel blieb erfolglos. Die Patientin starb nach gut acht Monaten.

Mit ihrer Klage verlangen die Töchter Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die Krankenhausärztin hätte die Patientin weiter beobachten müssen. Dann hätte sie bemerkt, dass die verordneten Medikamente nicht anschlugen und weitere Untersuchungen notwendig waren. Die Hirnvenenthrombose hätte dann 20 Stunden früher behandelt werden können. Ihre Mutter hätte dies dann überlebt, trugen die Töchter vor.

Das Landgericht Dessau-Roßlau und das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg wiesen die Klage mit der Begründung ab: Es sei nicht bewiesen, dass die Patientin bei einer frühzeitigen Behandlung überlebt hätte.

Der BGH hob die Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgerichts auf und verwies den Streit an das OLG zurück. Es soll prüfen, ob eine Beweislastumkehr eingreift. Dies würde bedeuten, dass nicht die Töchter beweisen müssen, dass der ärztliche Fehler zum Tod ihrer Mutter geführt hat, sondern umgekehrt: Die Ärztin und die Klinik müssen beweisen, dass dies nicht der Fall war.

Bislang sei das Oberlandesgericht irrtümlich davon ausgegangen, dass der Fehler in der verspäteten Diagnose der Hirnvenenthrombose gelegen habe, rügte der BGH. Der Fehler sei aber schon früher geschehen, nämlich als nach Gabe der Medikamente die »klinische Verlaufskontrolle« unterblieb. Die Beweislastumkehr sei daher weiter als vom OLG angenommen. Sie gelte für alle gesundheitlichen Folgen und Risiken, die sich schon aus dem Befunderhebungsfehler ergeben haben.

epd/nd

Anmerkung: Im Oktober veröffentlichen wir im nd-ratgeber eine dreiteilige Serie, in der die Berliner Fachanwältin Anke Plener detailliert auf die Probleme der neu beschlossenen Patientenrechte eingeht.

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