Plebiszit auf Bayerisch
Fünf Volksentscheide parallel zur Wahl
Wenn man so will, dann können die Bayern am Sonntag gleich sechs Mal abstimmen. Neben den Landtagskandidaten stehen auch fünf Verfassungsänderungen zur Abstimmung. Kritiker bemängeln den »Alibi-Charaker« dieser Volksentscheide.
Seit Jahren fordern Bürgerinitiativen mehr Mitbestimmung in politischen Fragen. In Bayern scheinen sie ihrem Ziel nun etwas näher. Denn am kommenden Sonntag wird im Freistaat nicht nur der neue Landtag gewählt, sondern auch über fünf Verfassungsänderungen abgestimmt. Der weiß-blaue Landtag hatte die fünf »Gesetze zur Änderung der Verfassung« bereits am 20. Juni dieses Jahres beschlossen. Nun steht das Votum des Wählers aus.
Sollten die Bürger mitspielen, dann werden in der Landesverfassung unter Artikel 3 »gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen(...) in Stadt und Land« festgeschrieben. Das klingt genauso unverbindlich wie die ebenfalls vorgesehene Änderung von Artikel 121. Demnach sollen Staat und Gemeinden »den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl« fördern. Ebenso harmlos liest sich die geplante Ergänzung von Artikel 83. Wenn sich eine Mehrheit dafür entscheidet, muss der Staat demnächst für eine »angemessene Finanzausstattung« der Kommunen sorgen.
Mehr Brisanz hat da schon die Erweiterung von Artikel 82 um eine Schuldenbremse. »Der Haushalt ist grundsätzlich ohne Nettokreditaufnahme auszugleichen«, heißt es dort. Kritik kommt von der LINKEN: »Die Schuldenbremse wird die Handlungsfähigkeit des Staates, insbesondere der Kommunen, massiv einschränken«, fürchtet man. Zumal die Bremse vor allem laufende Ausgaben wie Bildung und Soziales treffe, so die Linkspartei. Volksentscheid Nummer fünf zur »Informationspflicht bei EU-Angelegenheiten« halten Experten gar für verfassungswidrig. Demnach müsste bei der Übertragung von Hoheitsrechten an Brüssel der Landtag bzw. das Volk eingeschaltet werden. Das deutsche Grundgesetz sieht so etwas aber nicht vor.
Kritik an den Volksentscheiden kommt deshalb von den Grünen. »Die zur Abstimmung stehenden Ergänzungen haben lediglich Alibi-Charakter«, meint die rechtspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion, Christine Stahl.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.