LINKE lockt mit Politikwechsel
In Hessen stellen sich die Akteure auf langwierige Suche nach einer Regierungsmehrheit ein
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erneuerte seinen Anspruch auf Regierungsbildung unter CDU-Führung. Er wolle darüber mit den »demokratischen Parteien« SPD und Grüne, nicht aber mit der Linkspartei reden, so Bouffier. Bei den Unterredungen sollten »persönliche Animositäten zwischen den Spitzenkandidaten keine Rolle spielen«, so Generalsekretär Peter Beuth. Die CDU hatte am Sonntag zwar ihre Position als stärkste Kraft im Lande verteidigt, kann jedoch mit dem Wunschpartner FDP nicht mehr weiter regieren, nachdem die Liberalen von 16,2 auf nur noch glatte fünf Prozent abgerutscht waren.
Auf jeden Fall dürfte sich die Mehrheitsfindung im Wiesbadener Parlament hinziehen. Erst im Januar wird sich zudem der neue Landtag konstituieren. Eine Große Koalition aus CDU und SPD stößt an der SPD-Basis auf große Vorbehalte. Trotz einzelner Schnittmengen etwa in der Bildungspolitik wäre auch eine schwarz-grüne Koalition auf Landesebene viel schwieriger zu bewerkstelligen als in etlichen Kommunen. Einer Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP wiederum stehen die Liberalen ablehnend gegenüber. Ihr scheidender Landeschef Jörg-Uwe Hahn brachte die Möglichkeit von Neuwahlen im kommenden Jahr ins Gespräch.
Unterdessen hoben auch SPD-Vertreter noch einmal programmatische Unterschiede zur Linkspartei hervor. SPD-Fraktions- und Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel und sein Generalsekretär Michael Roth wiesen eine Stilllegung der neuen Nordwest-Landebahn am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen ebenso zurück wie die Forderung nach Abkehr von der Schuldenbremse. »Da sind wir in einem absoluten Dissens«, betonte Roth in einem Rundfunkinterview. 2011 hatte sich die LINKE als einzige Landtagspartei gemeinsam mit Gewerkschaften und Sozialverbänden gegen die Verankerung einer Schuldenbremse in der Landesverfassung eingesetzt. Bei einer Volksabstimmung hatten damals 70 Prozent für und 30 Prozent gegen die Verfassungsänderung gestimmt. Linksfraktionschef Willi van Ooyen erklärte gegenüber »nd« erneut den Willen der Linkspartei zu einem Politikwechsel. Der Weg zu einer neuen politischen Konstellation in Hessen werde »kein leichter Spaziergang werden, sondern ein längerer Prozess«, sagte er voraus. IG Metall-Bezirksleiter Armin Schild, der auch dem SPD-Bundesvorstand angehört, erneuerte die Forderung nach einem »Politikwechsel« in der Landespolitik und einer Zusammenarbeit der bisherigen Oppositionsparteien SPD, Grüne und LINKE. Es gehe um eine nüchterne Betrachtung der Sachthemen.
Dass die landespolitischen Akteure in Hessen mit den Sondierungen für neue Mehrheiten bis Mitte Januar 2014 Zeit haben, ist eine Folge der vorgezogenen Wahltermins am vergangenen Sonntag. Nach langen Überlegungen hatte die Landesregierung die Zusammenlegung der Landtagswahlen mit der Bundestagswahl beschlossen. Davon hatten sich aufgrund der damit einher gehenden höheren Wahlbeteiligung vor allem CDU und LINKE Vorteile versprochen - eine Kalkulation, die am vergangenen Sonntag offensichtlich aufging.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.