Gefeuert wegen Kritik am Sparkurs

Sozialminister entlässt Staatssekretärin

  • Lesedauer: 2 Min.

Magdeburg (dpa/nd). Sachsen-Anhalts Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) trennt sich überraschend von seiner Staatssekretärin Beate Bröcker (57). Das Vertrauensverhältnis sei gestört, teilte sein Ministerium am Dienstag in Magdeburg mit. Bischoff begründete seinen Schritt auch mit der Kritik seiner Mitarbeiterin am Sparkurs. »Wenn wir etwas entschieden haben, dann müssen wir auch dahinter stehen«, sagte er der dpa. »Dann müssen wir uns mit Kritik zurückhalten.« Bröcker habe dagegen weiterhin beklagt, dass unzureichend Geld zur Verfügung stehe. Dabei habe man zum Beispiel 55 Millionen Euro für das neue Kinderförderungsgesetz durchgesetzt. »Es ging nicht mehr miteinander. Mir blieb nichts anderes übrig«, sagte der Minister.

Zuletzt war nach dpa-Informationen in der CDU/SPD-Koalition kritisiert worden, dass Bischoff für das Projekt zwar massiv Geld zugesprochen bekommen habe, das neue Gesetz aber in der Öffentlichkeit kaum als großer Regierungserfolg dargestellt worden sei. In Regierungskreisen wird gemutmaßt, dies sei auch ein Grund für Bischoffs Trennung von Bröcker gewesen. Zugleich hieß es, die SPD-Politikerin Bröcker habe keine Lust mehr gehabt, das Ressort angesichts immer knapper werdender Mittel noch mitzuleiten.

Die SPD-Fraktion wurde nach dpa-Informationen von der Personalie völlig überrascht. Bischoff habe seine Entscheidung kurz und knapp während einer ohnehin geplanten Fraktionssitzung mitgeteilt, hieß es. Formal bat Bischoff Regierungschef Reiner Haseloff (CDU), die Staatssekretärin in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Es ist üblich, dass einem solchen Wunsch entsprochen wird. CDU-Fraktionschef André Schröder zeigte sich von der Personalie überrascht. »Das ist Sache der SPD und des zuständigen Ministers.« Die in Osnabrück geborene Volkswirtin Bröcker ist seit 1991 in Sachsen-Anhalt und war zunächst Referentin im Sozialministerium.

Im April hatte Haseloff Wirtschafts- und Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) ebenfalls wegen gestörten Vertrauensverhältnisses entlassen. Auch ihr war vorgeworfen worden, den Sparkurs nicht ausreichend mitzutragen. Die LINKE kritisierte die Entlassung. »Dass dieses Vertrauensverhältnis dadurch gestört wurde, dass Staatssekretärin Bröcker hausintern an der Kritik der Kürzungen beim Blindengeld und der Jugendpauschale festhielt, hat eine erhebliche politische Dimension«, so Fraktionschef Wulf Gallert.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.