Schwere Geschütze gegen Agrarminister

Niedersachsens Opposition weitet Vorwürfe aus

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
CDU und FDP in Niedersachsens Landtag wollen Agrarminister Christian Meyer (Grüne) aus der Regierung hebeln und damit die rot-grüne Koalition ins Wanken bringen. Bei diesem Versuch greift die Opposition am Donnerstag nicht nur auf die Dienstwagen-Affäre zurück.

Der umstrittene Audi A 8 fehlte nicht im Köcher, aus dem die schwarz-gelbe Opposition im niedersächsischen Parlament am Donnerstag gegen den grünen Landwirtschaftsminister Christian Meyer schoss. So erklärte der FDP-Abgeordnete Jörg Bode, es sei falsch, wenn Meyer behaupte, nichts von der unkorrekten Bestellung des Autos durch den inzwischen entlassenen Staatssekretär Udo Paschedag (Grüne) gewusst zu haben. Dem Minister sei sehr wohl bekannt gewesen, dass so ein Luxuswagen einem Staatssekretär nicht zusteht. Nachweislich habe Meyer, so wie alle Minister, im Frühjahr aus dem Finanzministerium die entsprechende Dienstwagenrichtlinie bekommen. Meyer möge die Konsequenz aus seinem Verhalten ziehen und zurücktreten, so Bode.

Nur eine Stimme mehr

Gewiss habe er die Richtlinie gekannt, räumte Meyer ein, aber: Er sei davon ausgegangen, dass Paschedag diese beachte und sich in vorschriftsmäßiger Weise ein Auto bestellt. Doch beim Auto blieb es nicht, die Opposition zählte weitere »Sünden« des Agrarministers auf: Der Landvolkverband habe sich bei Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) über Meyers »schlechten Umgang mit Landwirten« und über die Wortwahl des Ressortchefs beschwert. Davon, dass »Tiere zur Ausbeutung genutzt werden«, habe der Minister gesprochen. Offenbar besonders schlimm: Christian Meyer hatte als Privatmann an einer Demonstration gegen Quälerei in der Geflügelmast teilgenommen.

Für Rot-Grün wäre der Verlust Meyers gefährlich. Denn er ist auch Abgeordneter der Koalition, die im Parlament nur eine Stimme mehr hat als die Opposition. Dennoch reagierte Weil gelassen auf die Rücktrittsforderung gegen Meyer. Dieser genieße sein Vertrauen und werde »noch viele Jahre erfolgreich Landwirtschaftsminister bleiben«.

Einstimmig setzte der Landtag den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur »Affäre Paschedag-Meyer-Weil« - so die offizielle Benennung - ein. Mit 83 Fragen wollen CDU und FDP die Regierung im PUA in die Zange nehmen. Schwarz-Gelb wird dabei stark ins Detail gehen und hat bereits aufgelistet, wozu Auskunft gewünscht wird. So möchten die Fragesteller wissen, warum der Staatssekretär auf einem belüfteten Massagesitz im Fond des A 8 bestanden habe und sich nicht mit einem Auto begnügen wollte, auf dessen vorderem Beifahrersitz er sich hätte massieren und belüften lassen können. Oder: Was geschieht mit der von Paschedag georderten Klimaanlage, nachdem er Amt und klimatisiertes Büro hat aufgeben müssen?

Ominöser Vermerk

Wer also gehofft hatte, nach der Sondersitzung des Landtages zum Thema vor zwei Wochen würde die Affäre ruhen, bis der Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnimmt, wurde enttäuscht. Auch andere Fragen wurden immer wieder laut. Beispiel: Warum hat Paschedag schriftlich vermerkt, Weil und Meyer hätten ihm den zu großen Wagen erlaubt? Und wenn es die Erlaubnis nicht gab - warum hat der als korrekter Jurist und Verwaltungsfachmann bekannte Paschedag dann diesen Vermerk geschrieben?

Diese und viele weitere Fragen werden im PUA ausführlich behandelt, so dass es eigentlich überflüssig war, einige davon am Donnerstag im Landtag wieder vorzubringen. Doch ein voller Plenarsaal und mediale Aufmerksamkeit - das mag der Opposition als Bühne für die Attacken gegen Christian Meyer besser gefallen als das Sitzungszimmer eines Untersuchungsausschusses.

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