Rund 4,02 Millionen Bescheide unerledigt
Finanzämter in Verzug mit Steuerbescheiden
Anfang 2012 lagen bei den Finanzbehörden noch 3,53 Millionen unbearbeitete Einsprüche. 4,14 Millionen Einwendungen gingen im Verlaufe des Jahres 2012 neu ein. 3,65 Millionen Einsprüche wurden abgearbeitet, so dass 4,02 Millionen Einsprüche noch unerledigt sind.
Eine der Ursachen für diese Entwicklung sind »Masseneinsprüche« von Steuerzahlern wegen ausstehender Gerichtsurteile des Bundesfinanzhofs in München. Von den rund vier Millionen unerledigten Einsprüchen könnten 2,56 Millionen nicht bearbeitet werden, weil noch richterliche Entscheidungen ausstünden. Richterlich geklärt werden müssten unter anderem noch Fragen zur Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten, Rentenversicherungsbeiträgen oder Ausgaben für die Kinderbetreuung. Auch Fragen im Erbschaftssteuerbereich müssten noch entschieden werden.
Steuerbürger einen Monat Zeit zur Prüfung der Angaben
Generell empfiehlt der Bund der Steuerzahler eine genaue Kontrolle bei Erhalt der Bescheide. Sobald der Brief vom zuständigen Finanzamt beim Steuerzahler eingetroffen ist, bleibt ein Monat Zeit, die Angaben zu prüfen. Zunächst lohnt ein Blick auf die Erläuterungen am Ende des Schreibens: Weicht die Behörde von den Angaben des Steuerbürgers ab, müssen die Beamten dies an dieser Stelle mitteilen. Dort steht auch, inwieweit Kinderfreibeträge und Kindergeld berücksichtigt wurden.
Der Steuerzahler-Bund rät, besonders auf die Richtigkeit der Einnahmen und Abzüge wie Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen oder Handwerkerrechnungen zu achten. Wer aus den Angaben nicht schlau wird, sollte seinen Sachbearbeiter im Finanzamt fragen.
Klärt sich der Fall durch ein Telefonat nicht, hilft nur ein formloser, schriftlicher Einspruch mit Begründung. Der ist kostenlos. Es ist auch möglich, einen vorläufigen Einspruch ohne Begründung einzureichen. Dadurch können sich Steuerzahler zeitlichen Spielraum verschaffen. Die Begründung sollte dann allerdings innerhalb eines kurzen Zeitraums nachgereicht werden. Die Finanzämter verschicken hierzu auch schriftliche Aufforderungen. Kommt dann innerhalb der vom Fiskus geforderten Frist keine Begründung nach, hat sich der Einspruch erledigt.
Vielen Einsprüchen wird stattgegeben und der Steuerbescheid oft zu Gunsten des Steuerzahlers geändert. Das liegt auch daran, dass viele Steuerzahler erst mit Erhalt des Bescheids merken, dass sie beispielsweise Quittungen vergessen haben.
Aber auch Finanzbeamten unterlaufen Fehler. Gegen eine negative Entscheidung des Finanzamtes kann der Steuerzahler binnen eines Monats beim zuständigen Finanzgericht klagen - das kostet dann allerdings.
In den Erläuterungen am Ende des Steuerbescheids steht auch der Hinweis, in welchen Punkten der Bescheid nur vorläufig ergeht. Das betrifft Klagen, die etwa noch vom Europäischen Gerichtshof, dem Bundesverfassungsgericht oder dem Bundesfinanzhof entschieden werden müssen und den Steuerzahler betreffen. Ein Einspruch in diesen Punkten ist demnach nicht erforderlich.
Von anderen Verfahren kann dagegen nur derjenige profitieren, der unter Verweis auf einen vergleichbaren Streitfall Einspruch einlegt hat. AFP/nd
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