Chance verpasst
Fabian Lambeck zur Überwachung der Linkspartei und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Die ehemalige Fraktionsgeschäftsführerin der LINKEN, Dagmar Enkelmann, erzählt gern eine traurige Anekdote, wenn es um die Überwachung ihrer Partei durch den Verfassungsschutz geht: Ein Wähler habe ein vertrauliches Gespräch nicht bei ihr im Wahlkreisbüro führen wollen, weil er Angst hatte, ins Visier des Geheimdienstes zu geraten. Diese Geschichte zeigt, dass die Arbeit der Schlapphüte die Abgeordneten in der Ausübung ihres freien Mandats behindert, selbst wenn diese Beobachtung nur durch Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen erfolgt.
Darum hätte Karlsruhe in seinem Urteil zum Fall Bodo Ramelow ruhig einen Schritt weiter gehen sollen. Die Beobachtung von Abgeordneten der LINKEN ist mit der Verfassung nicht vereinbar. Gerade weil die Richter in ihrer Begründung die Bedeutung des Grundgesetzartikels 38 unterstreichen, hätten sie mehr Konsequenz zeigen müssen. Schließlich verwiesen sie auf diesen Artikel, der die freie Willensbildung des Abgeordneten gewährleistet und damit auch eine von staatlicher Beeinflussung freie Kommunikation zwischen ihm und seinen Wählern. Zudem betont der Zweite Senat die Freiheit des Abgeordneten von exekutiver Beobachtung. Doch statt der eigenen Argumentation zu folgen und der Schnüffelpraxis gegen demokratisch legitimierte Abgeordnete endgültig einen Riegel vorzuschieben, hat Karlsruhe dem Geheimdienst ein Schlupfloch gelassen und damit eine große Chance verpasst.
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