»Kairo, 11. Februar«
Hörspielpremiere
Viele Ägypter leiden heute an der furchtbaren Alternative, Gottesstaat oder Militärdiktatur. Einer von ihnen ist im Hörspiel »Kairo, 11. Februar« der Schriftsteller Sonallah Ibrahim, ein alter Oppositioneller, der zuerst zweifelnd dann doch zum Tahrirplatz eilt und hofft, dass sie möglich sei, die Revolution. Alles, was ihm begegnet, erinnert ihn aber an die unlösbaren Widersprüche seines Landes. Die Sprache des Autors schwankt zwischen lebendigen, erlauschten Momenten und einer direkten Agitation. Ein Taxifahrer will vom Tahrirplatz nichts wissen und hört provokativ lauten Gebetsgesang. Nasim sieht geduckte, verschleierte Frauen von heute und erinnert sich an eine junge, freie Ägypterin von 1955, eine Kommunistin, der die Partei wichtiger war als er.
Als er den Platz erreicht, demonstrieren neben den Freunden auch die Muslimbrüder, und dem Schriftsteller fällt der reaktionäre, moralisierende Zensor ein, der seinen ersten Roman verboten und beschlagnahmt hat. Das Schreien auf dem Tahrir übertönt seine Gedanken. Nasim denkt an seine drei Jahre in Ostberlin, an den Mauerfall, hoffend, dass ein unblutiger Wandel möglich ist. 2003 hat er einen Preis des Mubarakregimes abgelehnt. Die Lage erfordert wieder Mut. Man hört die Massen jubeln, Mubarak tritt zurück! Er, der Erfahrene, aber jubelt nicht. Er geht voll dunkler Ahnungen vom Platz. Ricarda Bethke
»Kairo, 11. Februar«, Hörspiel von Sonalla Ibrahim und Samir Nasr, Hörspielpremiere am 22. Oktober,, 19 Uhr, Hiroshimastraße 2, Berlin. Es liest live: Matthias Habich. Die Sendung wird am 27. Oktober, 14.04 Uhr im »kulturradio« des RBB ausgestrahlt.
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