Außer Spesen nichts gewesen

Das gepriesene PPP-Projekt Würzburgs mit Arvato wurde ein Flop - dennoch zahlt die Stadt der Firma 535 000 Euro

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 4 Min.
Angeblich sollte die Bertelsmanntochter Arvato der Würzburger Verwaltung großartige Einsparungen bringen. Doch dann platzte das Projekt, an dem Arvato vor allem verdienen wollte.

Es startete mit viel Getöse, neoliberalem Brimborium und großen Versprechungen. Jetzt hat sich die allerletzte Beweihräucherungsschwade verzogen und für den Bürger bleiben nur die Kosten: Mehr als eine halbe Million Euro zahlt die Stadt Würzburg an die Bertelsmann-Tochter Arvato. Deren großspurig angekündigtes Einsparungsprojekt bei der Stadtverwaltung im Rahmen eines »Public-Private-Partnership«-Projektes (PPP) war ein nahezu vollständiger Flop. Das kostet die Stadt nun mindestens 535 000 Euro, dabei sollte sich die Stadt ursprünglich doch nur mit Personalkosten beteiligen. Die Summe ist das Ergebnis eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen der Stadt und Arvato, die ursprünglich 4,5 Millionen Schadensersatz wegen der Kündigung des Zehnjahresvertrages gefordert hatte. Der Stadtrat hat - in nicht öffentlicher Sitzung - Ende September den Vergleich abgesegnet.

Das Arvato-Projekt kam unter dem Label »Würzburg integriert« daher und trug die Kennzeichen der PPP-Branche: Verträge und Vereinbarungen waren nicht öffentlich, die Ideologie des »schlanken Staates« sollte die Kassen des Unternehmens füllen, das städtische Personal sich selbst überflüssig machen. Und für die Bertelsmann-Tochter sollte Würzburg das Sprungbrett hinein in einen Milliardenmarkt werden.

Die Geschäftsidee: das Personal der kommunalen Verwaltungen in Deutschland flächendeckend eindampfen und die sich so ergebenden finanziellen Einsparungen mit den Gemeinden teilen. 2006 startete dieses Privat-Partnership-Project, die Ankündigungen waren vollmundig. 27 Millionen Euro sollten in der Verwaltung durch Personalabbau und den Einsatz von IT-Lösungen eingespart werden. Auf zehn Jahre war das Projekt veranschlagt, im Herbst 2010 war es allerdings schon wieder sang- und klanglos beendet.

Dürr und wortkarg waren damals die Auskünfte, fragte man nach in Würzburg und bei Arvato, was denn aus dem einst hochgelobten und preisgekrönten Projekt (es erhielt im Jahr 2007 den »PPP-Award«) geworden sei. »Nach dem Abschluss der ersten Projektphase im vergangenen Jahr haben die Projektpartner eine gemeinsame Evaluation des bisherigen Verlaufs und der Resultate durchgeführt. Die Auswertung dieser Analyse mündete in der Erkenntnis, dass es keiner weiteren Kooperation zwischen Arvato und der Stadt Würzburg bedarf«, heißt es in einer damals gemeinsam verbreiteten Erklärung von Stadtverwaltung und Arvato. Und weiter: »Aus diesem Grund hat sich Arvato entschlossen, die Zusammenarbeit mit der Stadt Würzburg im Rahmen von ›Würzburg integriert‹ aufzukündigen.« Das Kündigungsschreiben von Arvato ging bei der Stadt am 23. Dezember 2010 ein.

Damit war die PPP-Luftblase geplatzt: Keine Stelle in der Verwaltung sei überflüssig, die Zeiteinsparung nur marginal, so die Einschätzung des Würzburger Oberbürgermeisters Georg Rosenthal (SPD), die Stadt hatte die Zusammenarbeit mit Arvato praktisch bereits im Jahr zuvor eingestellt. In Gang gebracht hatte das Projekt die Vorgängerin Rosenthals, die damalige Oberbürgermeisterin Pia Beckmann (CSU). Die unterfränkische Stadt mit ihren 133 000 Einwohnern sollte sich als »herausragender Kompetenzträger für eine moderne, bürgernahe und technologisch führende Verwaltung etablieren«.

Mit der Privatisierung von kommunalen Verwaltungen hatte Arvato bereits in England Erfahrung gesammelt und für einen dortigen Landkreis seit 2005 einen Teil der Verwaltung übernommen. Dazu gehörten etwa Lohn- und Gehaltsabrechnungen oder der Einzug von lokalen Steuern. Mit Würzburg sollte die Blaupause für den »Markt« der Kommunen in Deutschland geliefert werden. Durch die Entwicklung einer einheitlichen Datenplattform sollte die Verwaltung effizienter gemacht und so im Laufe von zehn Jahren 75 Personalstellen eingespart werden. Das bringe 27 Millionen Euro in die Stadtkasse, hieß es. Davon sollten dem Kämmerer zehn Millionen bleiben und 17 Millionen an Arvato gehen. Da die Kosten des Projektes auf rund zehn Millionen geschätzt wurden, bliebe also ein Gewinn von sieben Millionen.

Konkret war vorgesehen: Arvato misst jeweils, wie viel Zeit ein Verwaltungsvorgang vor und nach der Umstellung in Anspruch genommen hat. Die Einsparungen sollten dann auf die Jahre und Personalkosten umgerechnet werden. In der Praxis realisiert wurde seit 2007 vor allem ein Bürgerbüro, in dem heute verschiedene Dienstleistungen aus einer Hand angeboten werden - ein Konzept, das freilich in anderen Städten schon längst gang und gäbe ist. Eine gemeinsame Datenplattform für die verschiedenen Verwaltungsvorgänge und die Kommunikation mit dem Bürger über das Internet aber erwies sich als »technisch zu komplex, zu aufwändig«, außerdem wurden Probleme mit dem Datenschutz befürchtet. Im Mai 2010 erklärte die Stadt schließlich, dass das Bürgerbüro auch ohne »Würzburg inte-griert« funktioniere.

In der Frankenmetropole machte sich dabei neben den sprachlichen Wolken ein weiteres Merkmal von PPP-Projekten bemerkbar: mangelnde Transparenz für die Öffentlichkeit. Der Bund der Steuerzahler kritisierte in seinem Schwarzbuch das Projekt als »Geheimsache«. Und bei Nachfragen zum Stand des Arvato-Projekts zierte sich der Pressesprecher der Stadt oft so, als ob man um ein Nacktfoto des Oberbürgermeisters gebeten hätte. Informationen dazu, so das Fazit der lokalen Presse, seien nach dem Scheitern des Projekts immer »Mangelware« gewesen.

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