Einstiger Anspruch und aktuelle Realität
Sozialwohnungen
Der Soziale Wohnungsbau ist als Vertrags- und Finanzierungsinstrument geplant. Darin sind Baukosten- und Aufwendungszuschüsse, Zinsverbilligungen, Kredite/Darlehen und Bürgschaften eingeschlossen. Sozialer Wohnungsbau ist eine staatliche Transferleistung und hat weder mit dem komplexen Wohnungsbau in der DDR noch mit einem abgespeckten Qualitätsstandard von Wohnungen zu tun.
Bund-Länder-Kompetenz
Seit 2006 liegt die Gesetzgebungskompetenz allein bei den Bundesländern. Der Bund zahlt ihnen dafür jährliche Kompensationsleistungen in Höhe von über 518 Millionen Euro.
Der Fördermittelgeber für den Bau von Sozialwohnungen und/oder Modernisierungen bestehender Häuser legt dabei vertraglich fest, welche Bedingungen (Belegungs- und Mietbindungen) ein Bauherr und Eigentümer einhalten muss, damit er die Fördermittel in Anspruch nehmen darf. Der Vermieter muss sich im Gegenzug verpflichten, die Wohnungen oder den bestimmten Anteil der Wohnungen nur an Haushalte zu vermieten, die über einen Wohnberechtigungsschein (WBS) verfügen. Die Vermieter haben keinen Rechtsanspruch auf Fördermittel.
Werden durch den Mieter/Haushalt die Bedingungen für den WBS erfüllt, haben die Haushalte darauf einen Anspruch. Auf eine bestimmte Wohnung haben diese Haushalte aber keinen Anspruch. Hier entscheidet der Vermieter, mit wem er den Mietvertrag abschließt.
Die Höhe der Mieten wird grundsätzlich auf Basis einer Wirtschaftlichkeitsberechnung berechnet. Durch die öffentlichen Mittel wird erreicht, dass die Mieten auf ein »erträgliches« Maß - nämlich die Sozialmiete - unterhalb der Kostenmiete reduziert werden. Auch Bürger mit geringem Einkommen haben so die Möglichkeit, angemessenen Wohnraum oder Wohnraum überhaupt anzumieten.
Für die Mieter von Sozialwohnungen entstehen jedoch erhebliche Probleme, wenn zum Beispiel nach 15 Jahren Grundförderung oder 30 Jahren Grund- und Anschlussförderung der Bauherr die Fördermittel getilgt hat. Es entfallen die bis dahin geltenden Beschränkungen für die Miethöhe und die Einkommensgrenzen der einziehenden Mieter (WBS). Da es immer einen bestimmten Anteil an Geringverdienern geben wird, sollten und müssten die aus der Sozialbindung »auslaufenden« Häuser und Wohnungen durch »neue« ersetzt werden.
Signifikante Neuerungen
Mit dem seit Januar 2001 geltenden Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) gab es signifikante Neuerungen in der Wohnraumförderung:
● Das Prinzip der Kostenmiete wird ersetzt durch eine im Förderbescheid festgelegte höchstzulässige Miete unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete.
● Der Mietpreis regelt sich nach den §§ 556 ff des BGB (z. B. Erhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, als Staffelmiete, Index-Miete oder als Vereinbarung zum Abschluss einer Mieterhöhung).
● Es werden nicht mehr »breite Schichten der Bevölkerung« gefördert, sondern »einkommensschwache« Haushalte. Die Einkommensgrenze bestimmt sich aus dem Jahreseinkommen abzüglich der Frei- und Abzugsbeträge und beträgt z. B. für einen 1-Personen-Haushalt 12 000 Euro und für einen 2-Personen-Haushalt 18 000 Euro. Diese Beträge könnten durch die Landesregierungen per Rechtsverordnung abweichend festgelegt werden.
Vorschriften der Bundesländer
Bisher haben die einzelnen Bundesländer (außer Sachsen) dazu jeweils eigene Vorschriften erlassen. In Brandenburg beispielsweise sind dazu die »Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zum Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoFGWoBindG)« sowie die »Verordnung zur Festlegung von Einkommensgrenzen nach dem Wohnraumförderungsgesetz (WoFGEGV)« erlassen worden.
In Berlin stellte 2002 der Senat (federführend damals SPD-Finanzsenator Sarrazin) die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ein, nachdem in den Jahren vor 2002 die Förderung schon stetig reduziert worden war.
Berlins Wohnungsmarkt musste (neben der Einstellung des Sozialen Wohnungsbaus) nach 1990 durch den Verkauf von über 300 000 kommunalen Wohnungen eine weitere erhebliche Reduzierung seines Bestandes an Sozialwohnungen und Belegungsrechten hinnehmen.
Einige aus dem BGB bekannte Regelungen für den freien Wohnungsmarkt gelten für den Sozialen Wohnungsbau in anderer Form. So sind Mieterhöhungen im Sozialen Wohnungsbau auch möglich durch
● die alle drei Jahre stattfindende Erhöhung der gesetzlich festgelegten Pauschalen für Verwaltung und Instandhaltung (demnächst zum 1. Januar 2014),
● den planmäßigen und im Mietvertrag festgelegten Abbau der öffentlichen Förderung und
● die Anhebung des Zinssatzes für Fremdkapital (z. B. öffentliche Baudarlehen).
Andererseits bedürfen Erhöhungen für Modernisierungen der Zustimmung der Investitionsbank. Die Mieterhöhungen sind durch einseitige Erklärung des Vermieters möglich. Sie wirken zum nächsten Monatsanfang, wenn sie dem Mieter vor dem 16. des Monats zugehen.
Für Mietverträge mit einer Preisgleitklausel können Mieterhöhungen vom Vermieter sogar rückwirkend geltend gemacht werden, wenn der Vermieter im Mietvertrag die »jeweils zulässige Miete« als vertragliche Miete vereinbart hat.
Bund-Länder-Rückzug
Mieter des Sozialen Wohnungsbaus haben das Recht, die Berechnung der Kostenmiete einzusehen oder als Kopie zu erhalten. Insgesamt gesehen erhalten sie eine zeitlich befristete und an Bedingungen geknüpfte Transferleistung. Der Rückzug des Bundes und der Länder aus dem Neubau von Sozialwohnungen oder dem Kauf von Belegungsrechten verringert von Jahr zu Jahr den Anteil der einkommensschwachen Bürger, die in diesen Genuss kommen. Da es aber noch Sozialwohnungen gibt, ist auch heute ein WBS immer noch hilfreich bei der Anmietung einer Sozialwohnung.
Aber auch den folgenden Punkt sollte man festhalten:
In den strukturschwachen Gebieten des Osten waren nach der Wende die Sozialwohnungen nach bundesdeutschem Recht mit Grundmieten von 10 DM/m2 die Preistreiber gewesen. Die Wohnungen in etwa vergleichbaren sanierten »Ost-Mehrfamilienhäusern« waren deutlich billiger.
Und als einzelne Vermieter dieser Sozialwohnungen unzulässige Mieterhöhungen von den Mietern forderten, war die Investitionsbank auf einmal nicht zuständig. Die Mieter mussten allein vor Gericht ihr Recht einklagen.
Hartmut Höhne, Mieterverein Frankfurt (Oder)
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