Großer Schritt im Kampf um ein Gesetz
Koalitionsrunde will Doping zum Straftatbestand machen
Die schwerfällige Maschine der Koalitionsverhandlungen hat am Donnerstag eine Vereinbarung von CDU und SPD zur Schaffung eines Antidopinggesetzes ausgespuckt. »Wir wollen, dass der Besitz von Doping konsequent unter Strafe gestellt wird. Doping vergiftet den Wettbewerb, deshalb bin ich froh, dass wir es wahrscheinlich schaffen werden, eine konsequente Bestrafung des Besitzes von Doping zu bewirken«, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann.
Eine Unterarbeitsgruppe aus drei Sportpolitikern der Unionsfraktion und zweien der SPD hatte am Mittwoch eine erste Annäherung erzielt. Am Donnerstagabend bestätigte die Große Koalitionsrunde die Ergebnisse. Und überraschenderweise deutet sich gar ein großer Wurf an, jedenfalls einer, der deutlich über den Vorschlag des DOSB hinausgeht. Der Dachverband des deutschen Sports möchte lediglich bisherige Antidopingregelungen aus dem Arzneimittelgesetz herauslösen und mit strafverschärfenden Aspekten wie der Erhöhung der Maximalstrafe von drei auf fünf Jahre »unter einem Dach zusammenfassen«. So lautete der Beschlussvorschlag des DOSB für die Mitgliederversammlung am 7. Dezember.
Verfolgt werden sollen - neben den Hintermännern, die am Dopinghandel verdienen - nur Berufssportler. Diese Einschränkung kritisierte der DLV-Präsident Clemens Prokop als »realitätsfremd«. Denn sie ließe Anwälten beträchtlichen Spielraum, um nachzuweisen, dass ihre Klienten den Sport nur als Nebenerwerb ausübten. Bei den zum Teil geringen Beträgen, die die Sporthilfe zahlt, dürfte dies nicht schwerfallen. Und kündigt ein Sponsor plötzlich den Vertrag, steht der Athlet auch ohne Einkünfte da und könnte pro forma für sich geltend machen, kein Berufssportler mehr zu sein.
Der SPD-Sportpolitiker Martin Gerster bezeichnete daher den Vorschlag des DOSB als »Kosmetik« und »Etikettenschwindel«. Die Koalitionspolitiker würden sich dagegen an der »uneingeschränkten Besitzstrafbarkeit« orientieren, sagte Gerster »nd«. Das bedeutet, dass auch geringste Mengen von Dopingmitteln strafrechtliche Ermittlungen und Verurteilungen nach sich ziehen werden. Bisher war dies eine undurchdringliche Mauer für die Ermittler der Münchner Schwerpunkstaatsanwaltschaft gegen Doping. »Unter unseren derzeit über 2000 Verfahren mit etwa 400 Verurteilungen waren auch deshalb keine Spitzensportler, weil diese in ihrem hochprofessionellen System nicht auf Lagerhaltung angewiesen sind«, meinte Staatsanwalt Markus Müller zu »nd«. Das neue Gesetz, das sich an einem Entwurf aus Bayern orientieren will, könnte dem ein Ende machen.
Wann es kommt, ist derzeit nicht abzusehen. »Erst muss überhaupt die Koalition stehen«, hieß es aus Kreisen der Unterhändler. Angepeilt wird das nächste Jahr. Die umgekehrte Beweislast, die im Sportrecht gilt und von einem Sportler bei positiven Proben oder verdächtigen Blutwerten entlastende Indizien verlangt, wird von der angepeilten Strafrechtsänderung nicht berührt.
Deutschland würde damit im europäischen Vergleich Anschluss gewinnen. Italien verfügt bereits seit dem Jahr 2000 über ein Antidopinggesetz und brachte damit auch ausländische Sportler zur Strecke, die auf italienischem Boden dopten. Frankreich führte bereits 1965 erste Regelungen ein und verschärfte sie mehrfach, zuletzt 2006. Selbst Spanien, wegen zahlreicher überführter Doper in den letzten Jahren in Verruf geraten, verfolgt dopende Spitzensportler mit der Polizei.
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