Zu schade zum Verheizen
Regionales Netzwerk am Bodensee will heimisches Laubholz zum Baustoff machen
Ortstermin im Kindergarten St. Joseph in Aach am Bodensee: Im neuen, rund 300 Quadratmeter großen Anbau riecht es nach frisch verbautem Holz. Das gesamte Gebäude, alle Decken, alle Wände sind bis auf den Estrich aus Holz gefertigt. »Die Decke besteht aus heller heimischer Weißtanne«, erklärt Architekt Joachim Binder den Zimmerern, Schreinern und Förstern bei der Besichtigung. Binder ist Mitglied im »Netzwerk BodenseeHolz«, das die Verwendung von regionalem Holz als Baustoff vorantreiben will.
Hoher Vorfertigungsgrad, kurze und wetterunabhängige Bauzeit, gute Wärmedämmeigenschaften bei geringer Wandstärke - das sind aus Sicht von Binder nur drei der Vorteile der Holzbauweise. »Das Klima in Holzbauten ist angenehmer, der Baulärm geringer als beim Betonbau«, wirbt er. Die Akustik sei besser, Schall-Absorber sorgen im neuen Anbau zusätzlich dafür, dass der Lärmpegel nicht so hoch ist. Erzieherin Maria Winter (56) fühlt sich wohl: »Die Atmosphäre und das Arbeitsklima sind angenehm, auch die Kinder haben sich schnell eingelebt.«
Zwei Jahre ist es her, dass sich der Zusammenschluss »BodenseeHolz« gebildet hat. »Wir wollen Holz als regionale Ressource nachhaltig und innovativ einsetzen«, sagt Projektleiter Jochen Goedecke. Damit werde auf eine bundesweite Entwicklung reagiert: Der Wirtschaftsbereich »Forst und Holz« gilt als sehr umsatzstarker und beschäftigungswirksamer Sektor. Dies trifft besonders für Baden-Württemberg zu, mit einem Jahresumsatz von rund 30 Milliarden Euro und 175 000 Beschäftigten. »Unser Netzwerk soll das Bewusstsein für den nachwachsenden Rohstoff Holz beleben, den Holzbau-Anteil steigern - aber auch die handwerklichen Betriebe im ländlichen Raum stabilisieren«, erklärt Goedecke. Projektpartner sind die Innungen der Schreiner und Zimmerer, die Handwerkskammer, die Architektenkammer, Hochschulen, der Landkreis Konstanz mit dem Kreisforstamt sowie holzverarbeitende Unternehmen.
Langfristig wolle man besonders das heimische Laubholz stärken, sagt Goedecke: »Unsere Buche soll zur Marke aufgebaut werden.« Laubholz werde in Zukunft immer wichtiger werden, urteilt auch Ludger Dederich von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg. »Laubhölzer werden langfristig die Auswirkungen des Klimawandels besser vertragen«, sagt der Architekt und Professor. »Denn die Fichte hält längere Trockenzeiten nicht aus und ist zudem nicht so sturmresistent wie die hierzulande ursprünglich standortüblichen Laubholzarten.«
»Noch stehen wir mit der Verwertung der heimischen Laubhölzer am Anfang, doch da ist Potenzial«, glaubt Uwe André Kohler vom »Clustermanagement Forst und Holz« in Baden-Württemberg, das sich für die Vernetzung der Branchen rund ums Holz einsetzt. Kohler sieht nur Vorteile bei der Vermarktung heimischer Hölzer: »Beim Einsatz von regional verfügbarem Holz werden auch die Transportwege reduziert und damit die CO2-Emissionen.« Und es entstehen Arbeitsplätze vor Ort. Bundesweit gibt es bereits sechs Initiativen für solche regionalen Netzwerke: in Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. epd/nd
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