Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Politik
  • Vor 100 Jahren geboren. Jacques Prevert

Leichte Hand

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.

In der Schule war er nur knapper Durchschnitt, und sein einziges Diplom war das Zeugnis der Grundschule, von der er mit 14 Jahren abging. Eins seiner berühmtesten Gedichte heißt «Der Faulpelz». Trotzdem sind heute in Frankreich mehr als 100 Schulen und Kindergärten nach Jacques Prevert benannt, denn er war vor allem ein Dichter der Kinder, deren Naivität er sich fürs ganze Leben bewahrt hat. Seine ersten größeren Erfolge

hatte er nicht als Dichter, sondern als Dialogautor für Spielfilme. Dazu gehören Klassiker wie «Hafen im Nebel», «Der Tag bricht an» oder «Kinder des Olymp».

Geboren wurde Jacques Prevert in der vornehmen Pariser Vorstadt Neuilly, doch schon bald zog die bitterarme Familie nach Paris, dessen Straßen und Bistros für Jacques Prevert zeitlebens die ihm entsprechende Umgebung abgaben. Den Hang zum Bohemien bekam er schon im Elternhaus mit, wo zwar Geld knapp war, nicht jedoch herzlicher Zusammenhalt. In den 20er Jahren arbeitete er in verschie* denen Berufen, die längste Zeit als Angestellter im Kaufhaus «Bon Marche». Aus diesem lästigen Zwang befreite ihn in den 30er Jahren die Arbeit für den Film, zu der ihn der Regisseur Marcel Carne holte. In jenen Jahren schrieb Prevert auch Sketche und Stücke für die von ihm gegründete Agit-Prop-Truppe «Octobre», die vor Fabriken auftrat.

Den Kommunisten stand er nah, ohne je in die Partei einzutreten. Zu seinen Freunden gehörten die Surrealisten um Andre Breton und Louis Aragon, aber auch Maler wie Picasso und Miro. Gelegentlich hat er selbst gemalt, und im Alter hat er aus Zeitungsfotos boshafte Collagen gemacht. Nach dem Kriege hat er auch. Märchen und Theaterstücke für Kinder geschrieben und Drehbücher für Zeichentrickfilme. Vor allem jedoch war er ein Poet - ein schlechter, wie der Ästhet Jean Cocteau behauptete, der ihn nicht leiden konnte. Aber seine wie von leichter Hand verfassten Gedichte werden noch heute viel gelesen. Seine Chansontexte gehörten zum Repertoire von Juliette Greco, Catherine Sauvage und Yves Montant, und «Les Feuilles mortes» wurde kürzlich bei einer Umfrage unter die zehn besten französischen Chansons des Jahrhunderts gewählt. Die Prevert-Sammlung «Paroles» ist in Frankreich der erfolgreichste Gedichtband aller Zeiten.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.