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Kein Gedenkmarsch für Wessel

Verbot des Neonazi-Aufzuges passierte erste gerichtliche Instanz

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Rainer Funke

Der für den Sonnabend angemeldete Neonazi-Aufmarsch bleibt verboten. Das hat das Verwaltungsgericht, wie gestern kurz berichtet, in einem Beschluss vom 23. Februar (VG 1 A 56.00) verfügt.

Unterdessen bestätigte gestern eine Justizsprecherin, ein Anwalt des Anmelders habe angekündigt, die betreffenden Gerichtsakten einsehen zu wollen. Laut Anmeldung eines stadtbekannten Neonazis wollte man mit 500 Anhängern des 70. Todestages des SA-Sturmführers Horst Wessel gedenken. Vorgesehen war, ab 13 Uhr vom Platz der Vereinten Nationen über die Karl-Marx-Allee zum Alex zu marschieren. Auf dem Nikolai-Friedhof, wo Wessel begraben ist, plante man, Kränze niederzulegen. Trauerflor, Landsknechtstrommeln und schwarz-weiß-rote Fahnen sollten den Zug prägen.

Das Gericht folgte der Argumentation in der Verbotsverfügung, dass Wessel in einer Weise glorifiziert werden solle, »die den Eindruck erwecke, die SA sei wieder belebt und wieder auferstanden«. Zu befürchten sei, dass das Horst-Wessel-Lied abgesungen werde. Es würden Anhänger von Kameradschaften erwartet, die vielfach straffällig geworden wären, weshalb mit weiteren Straftaten zu rechnen sei.

Durch die Versammlung, heißt es in dem Gerichtsbeschluss, sei »auch die öffentliche Ordnung unmittelbar gefähr det«. Wer einer Nazi-Leitfigur huldige, verherrliche deren Gesinnung und die nationalsozialistische Diktatur selbst. Die Verbindung zwischen dem Anlass des Aufmarsches und dem Aufmarschort, jenem Stadtteil, in dem Wessels SA-Sturm vornehmlich agiert habe, erinnere an nationalsozialistische Umzüge der 20er und 30er Jahre. Dies sei »mit den für ein geordnetes menschliches Zusammenleben unverzichtbaren sozialen und ethischen Anschauungen eines Großteils der Bevölkerung nicht zu vereinbaren, der diese Versammlung im Hinblick auf deutsche Vergangenheit vielmehr als unerträglich empfinden müsse«, wird in der Begründung festgestellt.

Grünen-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Wieland fühlt sich in seiner Kritik bestätigt. Die Verbotsverfügung sei diesmal ausführlich wie noch nie gewesen. Was bedeute, dass auch der Aufmarsch gegen das Holocaust-Denkmal Ende Januar mit einer besseren Begründung gerichtsfest zu verbieten gewesen wäre, sagte er dem ND

Dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit, so PDS-MdA Steffen Zillich, für eine ordentliche Verbotsverfügung ein Lob erteilt, sei überaus bemerkenswert. Ganz offensichtlich seien die öffentliche Diskussion und der daraus resultierende Druck nicht ohne Wirkung auf den Innensenat geblieben. Allerdings sei abzuwarten, ob die nächst höhere Instanz das Urteil bestätigt.

PDS-MdA Freke Over bleibt ebenfalls skeptisch. Er hält an seiner Anmeldung namens einiger Antifa-Gruppen für eine Kundgebung am gleichen Tag, 13 Uhr, am Platz der Vereinten Nationen fest. Die Bestätigung der Polizei ist eingetroffen. Die Kundgebung werde stattfinden, unabhängig davon, ob besagtes Verbot aufgehoben oder neuerlich bestätigt wird, sagte Over.

Cable hatte im Herbst 1999 zunächst 50 Prozent des Werkes erworben und wurde erst Anfang Februar durch eine Anteilübertragung zum alleinigen Gesellschafter. Einen Hilfeappell an Bezirk und Senat formulierte Betriebsrat Roger Käding, »denn mit Steuern und Abgaben hat der Senat 25 Jahre lang die Hand aufgehalten« und an den Leistungen der Arbeiter kräftig mitverdient. Es sei mehr als gerechtfertigt, wenn jetzt die Arbeiter unter stützt würden. Seit 1990 seien 15 Berliner Kabelwerke als Folge einer verfehlten Wirtschaftspolitik geschlossen worden. Wer in Berlin‹über Zukunft rede, müsse auch über den Erhalt von Industriear beitsplätzen sprechen, sagte Uwe Doering von der PDS im Abgeordnetenhaus, »es gibt genug Arbeitslose in der Stadt«. Für nächste Woche wurden weitere Ak tionen angekündigt, doch zunächst soll das Wochenende für Gespräche »auf mehreren Ebenen« genutzt werden.

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