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Massaker und andere Lügen

Scharping war ein guter NATO-Stichwortgeber Von Rene Heilig

  • Lesedauer: 2 Min.

Die Behauptungen entbehren jeder Grundlage. Mehr hatte das Verteidigungsministerium nicht zu den von «Panorama» am Donnerstag erhobenen Anwürfen gegen den Minister zu sagen.

Das seien alte Vorwürfe, teilten Sprecher aus dem Bendler-Block mit. Um so schlimmer! Denn der Vor wurf lautet auf den Punkt gebracht: Minister Rudolf Scharping, ein Mann aus der SPD-Führungsriege, hat mehrmals im Amt die Unwahrheit gesagt. Dabei handelt es sich nicht um kleine Notlügen, denn das, was der Minister über Rogovo und den «Hufeisenplan» in die Welt palaverte, waren starke Argumente, um den NATO- Krieg gegen Jugoslawien zu initiieren und zu rechtfertigen.

Auf einer seiner Pressekonferenzen - es war die vom 27 April 1999 - hielt Schar ping Fotos eines «Massakers» hoch, das «die Serben» unter Bewohnern des Dorfes Rogovo angerichtet hatten. Ein deutscher OSZE-Beobachter habe sie im Januar 1999 - also drei Monate vor der ministeriellen Präsentation - gemacht. Und er bemühte sich sogar, von der Bundeswehr abgestellte OSZE-Leute als Zeugen aufzuwerten. Das passte zum Gemetzel von Racak, bei dem am 15. Januar über 40 Menschen umgebracht wurden. Auch da «wusste» man, nicht zuletzt Dank Schar ping, welch Untiere die Serben sind, die mit abgehackten Köpfen ihrer Opfer Fußball zu spielen pflegen. Scharping machte phantasievoll klar, was geschehen wäre, hätte die NATO nicht gebombt.

Die ARD-«Panorama»-Kollegen präsentierten den damals in Rogovo zuständigen OSZE-Ermittler. Der deutsche Polizist Henning Hensch bestätigte erneut, dass die Toten zumindest zum Gutteil UCK-Kämpfer waren, die bei einer «militärischen Auseinandersetzung» mit der serbischen Miliz getötet und erst danach auf einen Platz zusammengetragen wor den waren. Dafür, dass es sich mit dem Racak Verbrechen ebenso verhalten könnte, sprechen Indizien. So wie das von der OSZE zum Tatort beorderte Obduktionsteam. Es fand keine Hinweise auf eine Massenexekution. UCK-Chef Thaqi selbst rühmte dagegen den «wilden Kampf», den sich seine Leute dort geliefert hatten.

Scharping bleibt jedoch weiter bei den von ihm mit Eifer verbreiteten Lügen. So wie er nach wie vor behauptet, der «Hufeisenplan» sei echt. Stolz und mit sichtlicher Erlösung, endlich Fakten in der Hand zu haben, hielt Scharping in Nachkriegstagen eine Grafik hoch. Sie sollte beweisen, dass die jugoslawische Führung einen detaillierten Plan zur Albaner Ver treibung hatte. Nur vorlegen will Schar ping den noch immer nicht. Es handle sich um «geheimdienstliche Unterlagen».

Ex-Brigadegeneral Heinz Loquai, einstiger Leiter der OSZE-Teams in Kosovo, hat nach langen Gesprächen mit Verantwortlichen aus dem Scharping-Ministerium den Eindruck, dass diese Grafik nicht im jugoslawischen Generalstab, sondern auf der Hardthöhe entstanden ist.

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