trägt hier einen Spitznamen
??Erzgebirge FüSt jeÜßT ÖH Auf Schusters Rappen zum Frohnauer Hammer / Sagenumwobener Bärenstein Von Jochen Fischer
Auch wenn die Neudorfer, Grumbacher und Crottendorfer sowie die Dörfler aus Gayer es nicht gerne hören, hier im oberen Erzgebirge verlieh der Volksmund fast allen Orten einen Spitznamen. Mondputzer nennt man die Grumbacher, Ziegenbeine heißen die Crottendorfer, die Gayeraner titelt man als Sandhos n und die Neudorfer firmieren als Suppenländler.
Wer dann in der Karlsbader Straße 171 in Neudorf anklopft und diese Eigenheiten des Landstrichs im Hinterkopf hat, ver steht, dass er nicht in einer Küche gelandet ist, sondern in der Geschäftsstelle der Fremdenverkehrsgemeinschaft. Gernot Röscher führt dort Regie, begrüßt die Gäste, verrät ihnen reizvolle Ausflugsziele und erzählt Geschichtsträchtiges. Von ihm erfahren wir dann auch, dass die zahlreichen Küchenutensilien in seinem Büro der Grundstock für ein Suppenmuseum im Dorf sind. Die Neudorfer nehmen ihren Spitznamen also durchaus ernst und wollen ihm sogar Ehre machen.
Dass das obere Erzgebirge ideale Wintersportmöglichkeiten bietet, weiß nahezu jedes Kind. Allerlei zu bieten hat die Region aber auch in den anderen Jahreszeiten. Wandernd kann man dem Rauschen der Wälder und Bäche lauschen. 140 km ausgewiesene Wanderwege laden dazu ein. Und zwar ohne Gepäck. Den Transfer übernehmen die Pensionen. Vom Fichtelberg (1214 m) über den Bärenstein (898 m), über den Pöhlberg, den Hausberg von Annaberg-Buchholz (832 m) bis zum Scheibenberg‹(807 m) führt beispielsweise eine Route, auf der Sie in einladenden Pensionen nächtigen können. Am Rande sei erwähnt, dass man beim »Ritt« auf Schusters Rappen auch am Frohnauer Hammer vorbeikommt, wo noch im Takt der Ambosspolka die Hämmer dröhnen.
Ein Blick in den Veranstaltungskalender verrät zudem, wer hier Langeweile bekommt, hat selbst Schuld. Von der Hundeschau für Mischlinge und Rassehunde über das Cranzahler Kroneparkfest bis zur Volksmusik grenzenlos in Oberwiesenthal reicht die bunte Skala der Veranstaltungen. Besonders anheimelnd sind natürlich die Märkte und musikalischen Abende in der Adventszeit. Ein Wochenendsymposium für Mundarttologen vom 29 Juni bis zum 2. Juli in Neudorf ver spricht besonders erlebnisreich zu wer den. Immerhin heißt es in der Einladung: »Zur Förderung der sprachlichen Hochkultur werden dazu spezielle Tinkturen (Likörchen) aus zungenbeklemmungslösenden Erzgebirgskräutern gereicht«.
Wir betteten unser Haupt in einem über 300 Jahre alten Fachwerkhaus, am Weg hinauf zum Bärenstein gelegen. Karl- Heinz Neumann, der die Pension mit seiner Frau betreibt, empfiehlt seinen Gästen als besondere Spezialität Forelle. Die kann sich der Gast, sofern er will, in seinem Hausteich selbst angeln. Zwanzig Minuten später wird sie dann gekocht oder gebraten serviert.
Von hieraus stiegen wir auf den Bärenstein, von dem man eine weite Sicht auf das Panorama des Erzgebirges und auf die Talsperre Cranzahl hat. Und wie nahezu alles hier, ist auch dieser Stein sagenumwoben. Ein Bergmann soll hier erfolglos nach Erz geschürft haben, heißt es. Da er schien ein kleines Männlein, das ihm reiche Schätze versprach. Einzige Bedingung: Schweigen. In einer Schankstube verriet der Bergmann seinen Knappen jedoch die Fundstelle. Daraufhin schloss sich das Goldkämmerchen im Fels für immer.
Keine Sage, sondern noch Realität ist die Fichtelbergbahn, die auf der 17,3 km langen Schmalspurstrecke zwischen Cranzahl und Oberwiesenthal verkehrt. Es ist schon vergnüglich, mit dem stähler nen Dampfross durch das Sehmatal zu schnaufen. Und nur wenn der Heizer gut gefeuert hat und seine Lok unter Volldampf steht, schafft sie den Anstieg hinauf nach Kretscham-Rothensehma. Sozusagen am Schluss der Reise überquert die Bimmelbahn noch ein 110 m langes und 23 m hohes Stahlgitterviadukt.
Wer in der Region um Annaberg-Buchholz und Oberwiesenthal weilt, sollte auch einen Abstecher in die alte Bergstadt Zwönitz machen. In Zwönitz ist heute Pferdemarkt müsste es eigentlich heißen und nicht in Petersburg, wie Katja Ebstein singt. Denn dieser Ort trägt immerhin den Titel »Pferdefreundliche Gemeinde der Bundesrepublik Deutschland«. Die Reitund Springturniere auf der Kühnhaide ziehen genau so Tausende in ihren Bann wie der Festzug der Gespanne. Und der Obererzgebirgische Pferdetag in Zwönitz mauserte sich inzwischen zum Treffpunkt der Freunde edler Vierbeiner aus ganz Deutschland.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.