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  • Politik
  • Zum Tod von Silvio Francesco

Großer Bruder

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist sicher nicht leicht, der große Bruder eines Weltstars zu sein. Doch Silvio Francesco Valente, der den Familiennamen der Schwester überließ, hat das Beste daraus gemacht. Im Windschatten von Caterina Valente wurde er zu einem Protagonisten des deutschen Schlagers der Nachkriegszeit.

Diese Musikepoche, die noch heute das Publikum in schwärmende Nostalgiker und spöttelnde Verächter spaltet, kann getrost als quasi popkulturelle Ausdrucksform der «Wirtschaftswunder»- Jahre in der BRD bezeichnet werden. Die erwachende Reiselust der Deutschen, besonders in Richtung Süden, wurde von dem Geschwisterpaar mit dem «Honolulu Strandbikini» oder «Quando, Quando» bestens bedient und zusätzlich stimuliert. Silvio Francesco, am 13. Juli 1927 als Sohn einer Artistenfamilie in Paris geboren, gab zeitlebens den smarten, ewig lachenden Sonnyboy. Für eine Weltkarriere reichte das nicht aus. Der US-amerikanische Unterhaltungsmarkt verlangte uner bittlich nach einem neuen «deutschen Frollein», und so zog es seine jüngere Schwester Caterina denn auch in den 60er Jahren nach Hollywood, wo sie neben den singenden und tanzenden Kessler-Zwillingen als erste und bisher auch letzte wirklich erfolgreiche Entertainerin der Nachkriegsära reüssierte. Doch für Silvio war in der Champions League des inter nationalen Pop-Business kein Platz, da er an die Ausstrahlungskraft eines Frank Sinatra oder Dean Martin nicht heranreichte. Auch hierzulande stand er stets im Schatten eines Peter Alexander und Udo Jürgens. So buk er kleinere Brötchen. Nach dem Weggang der Schwester besang er einige nette Schallplatten mit Margot Eskens. In mehr als 200 TV-Shows und vielen Unterhaltungsfilmen war er der ewig jugendliche Charmeur. Noch mit 70 Jahren gastierte er auf deutschen Showbühnen, etwas abseits des großen Rampenlichtes. Silvio Francesco starb am vergangenen Sonntag in Lugano nach einem langen Krebsleiden. Mit ihm stirbt ein Stück westdeutscher Nachkriegskultur, die aber noch lange Gegenstand nostalgischer Partys bleiben wird.

«Lachende Frauen», Historisches Museum Frankfurt/Main, bis 1. 10, Di So 10 bis 17 Uhr (Mi bis 20 Uhr)

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