»Etwas Aberglaube ist auch dabei«

Franka Dietzsch, die ND-Sportlerin 2005, rechnet von Jahr zu Jahr - und mit Olympia 2008

  • Lesedauer: 4 Min.
Die ND-Sportlerin des Jahres 2005, Franka Dietzsch (38), treffen wir mit ihrem Trainer Dieter Kollark kurz vor Saisonstart wie zu vermuten - beim Training. In der Halle des Neubrandenburger Jahnstadions absolviert sie die letzten Teile der Vormittagseinheit. Dann unter großem Hallo die Übergabe des ND-Sportpreises. »So ein schönes Stück, klasse!«, freut sich die amtierende Diskus-Weltmeisterin, die ihre Karriere zu DDR-Zeiten in Rostock begann und seit 1991 beim SC Neubrandenburg ist. Statt Erholung in der Mittagspause gibt es anlässlich der ND-Preisverleihung anschließend eine Kaffeerunde bei Trainer Dieter Kollark zu Hause. »Kuchen bring ich mit«, ruft Franka Dietzsch, ist schon unterwegs zum Bäcker, und letztlich steht ihr voller Kuchenteller noch schneller auf dem Tisch als der vom Trainer gekochte Kaffee ...


ND: Vor acht Monaten zur WM in Helsinki wurden Sie mit Ihrem Titel zum Liebling der deutschen Leichtathletik. Welches Echo spüren Sie davon heute noch?
Dietzsch: Na, ich bin doch noch gut im Gespräch, oder? Da brauche ich doch nur mal auf den ND-Sportpreis zu schauen.

Das ist nun zwar wirklich ein Superteil, aber der ist des Weiteren auch nur noch mit einem ebenso schönen Strauß Blumen verbunden.
Aber mich haben doch tausende Sportfans in Ihrer Zeitung gewählt! Das ist für mich eine ganz tolle Sache. Das dicke Sponsorengeld ist mit dem Titel ohnehin nicht zu mir gekommen. Da bin ich froh und dankbar, dass ich weiterhin meinen Job bei der Sparkasse habe. Aber bekannt und gefragt zu sein, das genieße ich schon, egal ob beim Bäcker oder bei einer Talkshow.

Sie waren aber doch 1999 auch schon mal Weltmeisterin.
Ja, aber derzeit bin ich eben die einzige deutsche Leichtathletik-Weltmeisterin. Zuvor, nämlich seit Paris 2003, hatten wir für zwei Jahre gar keinen Titel. Nein, nein, persönlich ist meine Situation jetzt mit 1999 gar nicht zu vergleichen.

Und was haben Sie sportlich vor, um in dieser Liga zu bleiben?
Na, erstmal möchte ich in Deutschland weiterhin ungeschlagen bleiben. Etwas anderes muss ich als Weltmeisterin ganz einfach zu verhindern wissen. Ist doch klar, oder?

Zieht da national demnächst neue, ungeahnte Konkurrenz auf?
Stand und Abstände werden wohl in Kürze zum Saisonstart nicht viel anders sein als im Vorjahr. Und was mich betrifft: Mit einem WM-Titel am Hals startet man natürlich anders als nach einem verpatzten Wettkampfjahr.

Wovor Sie ja in Ihrer Karriere auch nicht gefeit waren.
Richtig, seit Olympia in Sydney 2000 hatte ich es wahrlich nicht einfach. Dort die Verletzung, dann Aus in der Qualifikation bei der WM 2003 und auch bei Olympia 2004 in Athen.

Wie haben Sie sich aus diesem großen Tief wieder rausgearbeitet?
Ich hab nicht aufgegeben, und mein Trainer hat an mich geglaubt. Und etwas Aberglaube ist auch dabei: Herr Kollark kommt zur Qualifikation nicht mehr ins Stadion. Seit dem wir das so praktizieren, klappt es irgendwie besser.

Wird das bei Olympia 2008 auch so sein?
Ich rechne eigentlich nur noch von Jahr zu Jahr. In Kürze ist also unser Saisonauftakt (13. Mai Wiesbaden, 20. Mai Halle - d. Red.), dann im August die EM 2006 in Göteborg. Und dann sehen wir weiter.

Aber für Olympia in Peking planen Sie doch, oder?
Also, mein Trainer meint ja, er würde mit mir zu gern mal auf die Chinesische Mauer. Ich kann dazu nur sagen: Einerseits bin ich dann schon 40, anderseits sehe ich momentan keinen Grund, mit dem Leistungssport aufzuhören. Der ist mein Leben.

Doch dieses Leben erfordert Jahr für Jahr auch immer größere Trainingsanstrengungen.
Wenn man gesund bleibt, ist das o.k. Technisch sehe ich mich auf gutem Stand, oder selbstkritisch gesagt: in meinen Fehlern stabil. Kraftmäßig ist es mir wohl ein bisschen mit in die Wiege gelegt worden, um auch nach acht Wochen Pause Trainingsrückstände aufholen zu können. Aber ganz ehrlich: Wenn mir vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass ich heute immer noch ganz vorn dabei wäre ...

War der Diskus sportlich eigentlich schon immer Ihr Traum?
Ganz am Anfang sollte ich es ja bei der Spartakiade und an der KJS auch mit der Kugel versuchen. Aber das war mir nichts. Diskus hat mir besser gefallen. Weils weiter ging und auch eleganter aussah.

Gespräch und Foto: Michael Müller
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