Chattanooga: IG Metall warnt Volkswagen
Designierter Gewerkschaftschef Wetzel nennt Vorgehen gegen Organisierung von Belegschaften »nicht akzeptabel«
Der designierte IG Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel hat Volkswagen davor gewarnt, eine Organisierung der Arbeiter des Passat-Werkes in Chattanooga zu behindern. VW produziert seit 2011 in Tennessee, einem der traditionell gewerkschaftsfeindlichen Südstaaten der USA.
»Wenn Unternehmen, von Volkswagen bis ThyssenKrupp, in diese Staaten gehen, um gewerkschaftsfrei zu bleiben, bedeutet das eine Missachtung fundamentaler Grundsätze jeder Demokratie. Dann sind wir in Nordkorea. Das kann nicht akzeptiert werden«, sagte Wetzel am Mittwoch Medienberichten zufolge. »Niedrige Einkommen und gewerkschaftsfreie Gegenden: Das ist kein Geschäftsmodel, das die IG Metall unterstützt«, so der Gewerkschafter. Er stehe mit seiner ganzen Person für die Mitbestimmung ein und sei »jederzeit bereit, jede Gewerkschaftsbewegung überall auf der Welt zu unterstützen, die diskriminiert wird.«
Die amerikanische Automobilarbeitergewerkschaft UAW hatte vor einigen Monaten mitgeteilt, mehr als die Hälfte der Beschäftigten hätten Karten unterschrieben, die eine Organisierung des VW-Werkes forderten. Seither laufen Verhandlungen mit Volkswagen über eine Anerkennung der Gewerkschaft. Die kann über eine Auszählung der Karten, einen sogenannten Card Check, erfolgen oder durch eine geheime Wahl. Erforderlich ist in beiden Fällen ein Quorum von mehr als 50 Prozent der Belegschaft.
Obwohl der Card Check heute in der Mehrheit der Anerkennungsverfahren angewandt wird, hatten sich VW-Offizielle wiederholt für eine Wahl ausgesprochen. Damit kamen sie konservativen Politikern aus Tennessee wie Senator Bob Corker und Gouverneur Bill Haslam entgegen, die es der UAW so schwer wie möglich machen wollen. Auch mehrere US-weit agierende neoliberale Lobbygruppen haben sich inzwischen eingeklinkt.
Die Haltung Volkswagens zur Mitbestimmung in seinem US-Werk steht in Frage, seit Vertreter von VW of America in diesem Sommer an einer Spendengala des Competitive Enterprise Institut (CEI) in Washington teilnahmen. Nur wenige Tage später startete das CEI in Chattanooga eine Kampagne gegen die UAW. Außerdem trat der ehemalige Produktionsleiter des Werkes, Don Jackson, bei zwei Veranstaltungen gegen die Autogewerkschaft als Redner auf.
»Definitiv jeder schaut auf diese Auseinandersetzung«, zitierte die US-Zeitung »In These Times« am Mittwoch einen Whistleblower. Der Mann, der anonym blieb, berät US-Unternehmen in Taktiken zur Verhinderung gewerkschaftlicher Aktivitäten und kennt die einschlägige Szene. »Das ist gegenwärtig der Antigewerkschaftskampf und jeder sieht zu, hier mit dabei zu sein und davon zu profitieren.« Er wisse auch nicht genau, woher die finanziellen Mittel dafür stammten, aber es sei »definitiv Geld von Unternehmen«. Durchgesickerte Dokumente, die der Zeitung vorlägen, ließen den Schluss zu, dass die Lobby-Organisation »Americans for Tax Reform« (ATR) bereit sei, hunderttausende US-Dollars einzusetzen, um die UAW in Chattanooga zu stoppen. Die ATR ist eine sogenannte 501(c)(4) und damit nicht verpflichtet, ihre Spender zu nennen.
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