Google darf Bücher digitalisieren

US-Gericht entschied im Streit mit Autorenverband zu Gunsten des Internetanbieters

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Google darf ungestört Millionen von Büchern digitalisieren und zur Durchsicht im Internet freigeben. Auch dann, wenn sie durch Urheberrechte geschützt sind.

Seit acht Jahren streiten sich der US-amerikanische Autorenverband und Internet-Gigant Google vor Gericht um den Dienst »Google Books«. Bücher werden gescannt und digitalisiert und können dann im Internet durchsucht werden, ähnlich wie in der Kartei einer Bibliothek. Ganze Bücher kann man nicht lesen oder kopieren. Dennoch sehen die Autoren das Urheberrecht verletzt. Mit den Verlagen hat Google schon vor zwei Jahren eine Vereinbarung getroffen.

Richter Denny Chin vom Berufungsgericht in New York hat jetzt entschieden, dass Googles Programm zur Bücherdigitalisierung nicht gegen das US-Urheberrecht verstößt. Die Klage der Autorenvereinigung wies er deshalb ab.

Der Verband »US Authors Guild« verlangte pro eingescanntem Buch 750 Dollar von Google. Eine gigantische Forderung, denn bei Google Books sind bisher rund 30 Millionen Bücher digital eingelesen worden. Google beharrte vor Gericht darauf, dass sein Dienst dem öffentlichen Interesse diene. Man bezog sich auf die Rechtsdoktrin des »fair use«, des »angemessenen Gebrauchs«. Diese Nutzung verletzt nach allgemeiner Rechtsauffassung in den USA das Urheberrecht nicht. Grundsatz ist, dass sie nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sei. Das sei hier nicht der Fall, meinte Richter Chin. Google Books »dient dem Fortschritt in Kunst und Wissenschaft und geht dabei re-spektvoll mit den Rechten der Autoren und anderer kreativer Personen um«, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Urheberrechte würden nicht verletzt. »Tatsächlich hat die ganze Gesellschaft einen Nutzen davon.«

Google begrüßte das Urteil. Damit sei sein Dienst als rechtmäßig anerkannt, er sei »ein Katalog von Karteikarten für das digitale Zeitalter«. Nutzer könnten Bücher suchen, finden, durchsuchen und dann kaufen oder ausleihen. Der Direktor der Authors Guild, Paul Aiken, hingegen kündigte an, dass der Verband Berufung gegen das Urteil einlegen werde.

Das Projekt Google Books hat 2004 begonnen. Im Folgejahr verklagte der Autorenverband Google. Die Parteien schlossen einen Vergleich. Google sollte 125 Millionen Dollar (93 Millionen Euro) bezahlen als Abfindung für alle Rechte von Autoren, deren Werke im Internet erscheinen würden.

2011 hob ein Bundesgericht die Vereinbarung auf, weil sie Google eine Monopolstellung eingeräumt habe. Die Verlage und Google einigten sich gesondert, ohne Autoren. Um welche Summen es dabei ging, ist nicht bekannt. Die meisten der gescannten Bücher werden nicht mehr nachgedruckt. Google hat Vereinbarungen mit Bibliotheken, Schulen und Verlagen über die Nutzung seines Dienstes getroffen. Man kann ganz eingescannte Bücher auch bei Google kaufen, wenn der jeweilige Verlag zustimmt.

Der Fall Google Books zeigt, wie sehr sich die technische Veränderung durch moderne Kommunikation und Internet auch auf bisher festgeschrieben scheinende Werte wie das Urheberrecht auswirken. Beim Start 2004 habe man das Vorhaben noch für »verrückt« gehalten, sagt Professor James Grimmelmann von der University of Maryland. »Heute ist das etwas ganz Normales.« Und Rechtsprofessor Mark McKenna von der University of Notre Dame geht davon aus, dass die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung sogar bis zum Obersten Gericht der USA gehen könnte.

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