Waten im Thüringer Sumpf
Lieberknecht, Machnig, Schöning, Köckert - die Justiz hat in Erfurt alle Hände voll zu tun
Erfurt. Im Zusammenhang mit der Pensionsaffäre um den früheren Thüringer Regierungssprecher Peter Zimmermann dürfen Thüringens Innenminister Jörg Geibert und Finanzminister Wolfgang Voß im Ermittlungsverfahren gegen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (alle CDU) aussagen. Das Kabinett habe ihnen am Dienstag die entsprechende Genehmigung erteilt, sagte Regierungssprecher Karl-Eckhard Hahn.
Der MDR Thüringen hatte zuvor berichtet, dass die Staatsanwaltschaft Erfurt beantragt hat, beide Minister zu vernehmen. In der Pensionsaffäre um Zimmermann wird gegen Lieberknecht wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Sie hatte ihren Sprecher und Staatssekretär im Frühsommer zunächst ohne Begründung mit Versorgungsansprüchen in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Das stieß auf heftige Kritik, weil der 38-Jährige kurze Zeit danach als Chef zu einem Leipziger Internetunternehmen wechselte. Erst nach einer Anzeige der Grünen und öffentlichem Druck rief die Ministerpräsidentin Zimmermann aus dem Ruhestand zurück. Er bat daraufhin um seine Entlassung. Lieberknecht verweist darauf, dass politische Beamte nur auf eigenen Wunsch gehen können. Sie habe deshalb keine andere Möglichkeit gehabt, als Zimmermann in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.
In der Causa Zimmermann haben Ermittler in der vergangenen Woche Firmenräume in Leipzig durchsucht. Dabei seien auch Schriftstücke und Computerdaten von Zeugen sichergestellt worden, sagte eine Sprecherin der Erfurter Staatsanwaltschaft am Dienstag der dpa. Sie bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der »Thüringischen Landeszeitung«. Zimmermann ist mittlerweile Geschäftsführer der Internetfirma Unister. »Wir hatten Besuch, das stimmt«, sagte deren Sprecher Konstantin Korosides der dpa. Die Staatsanwaltschaft habe im Zusammenhang mit der Affäre Einsicht in Personalakten genommen.
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdachts gibt es auch gegen Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) wegen Doppelbezügen von Bund und Land. Auch der ehemalige Minister in der Thüringer Staatskanzlei, Jürgen Schöning, steht unter Betrugsverdacht.
Am Dienstag wurde gemeldet, dass sich Thüringens Ex-Innenminister Christian Köckert (CDU) wegen des Vorwurfs der Vorteilsnahme im Amt und der Abgeordnetenbestechung vor dem Landgericht Meiningen verantworten muss. Erster Verhandlungstag ist der 9. Dezember, wie das Gericht am Dienstag mitteilte. Köckert, der von 1999 bis 2002 Innenminister war, soll 2010 als geschäftsführender Gesellschafter einer Consultingfirma einen Beratervertrag mit einem Investor abgeschlossen haben, der Windanlagen bauen wollte. Bis 2012 soll er ein Beratungshonorar von 66 450 Euro erhalten haben, um die Stadträte im Firmensinn zu beeinflussen. Damals saß der CDU-Mann im Stadtrat und war auch ehrenamtlicher Beigeordneter von Eisenach.
Köckert sagte, er werde zur Aufklärung beitragen. »Es gibt nichts zu verheimlichen und zu vertuschen.« Darüber hinaus verwies er auf seinen Rechtsanwalt. Bei einer Verurteilung drohen Köckert eine Geldstrafe oder mehrere Jahre Haft. Köckert hatte seine Arbeit als Stadtrat und Beigeordneter Ende 2011 beendet. In einer zweiten Anklage wird ihm Abgeordnetenbestechung im Zusammenhang mit der Ansiedlung einer Elektronikfirma vorgeworfen. dpa/nd
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