- Kommentare
- Meine Sicht
Räumung ist keine Lösung
Martin Kröger zur derzeitigen Situation der Flüchtlinge in Berlin
Wenn es um die wirklich drängenden Probleme in der Stadt geht, schickt Innensenator Frank Henkel (CDU) seinen Staatssekretär. So oblag es am Dienstag zunächst Bernd Krömer, dafür zu plädieren, dass das Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz aufgelöst wird. Am späten Nachmittag zog der Innensenator dann selbst mit drastischen Ankündigungen nach. Den Dialog mit den Bewohnern des Camps lehnt die Innenbehörde ab. Damit schwenkt Rot-Schwarz nach seiner kurzen humanitären Einlage wieder auf die harte Linie zurück: Mit Flüchtlingen wird nicht über Forderungen gesprochen.
Ob sich dieser Kurs, der in krasserer Variante auch in anderen Städten wie München oder Hamburg verfolgt wird, auf Dauer durchhalten lässt, ist indes zu bezweifeln. Es kommen Menschen aus verschiedenen Ländern, aus verschiedenen Gründen ins attraktive Berlin. Sie werden weiter kommen - über Italien und Griechenland oder andere Wege. Natürlich kann der Senat nicht die falsche europäische und deutsche Asyl- und Flüchtlingspolitik korrigieren. Aber Rot-Schwarz könnte sicher mehr tun, als sich nur öffentlich mit einer Grünen-Bezirksbürgermeisterin herumzuzanken.
Natürlich ist eine politische Lösung für die Flüchtlinge nicht einfach zu haben. Die aktiven Flüchtlinge sind kein homogener Block und sie sind ganz bestimmt keine »Marionetten« von Linksradikalen. Unter den Flüchtlingen gibt es unterschiedliche Gruppen, Interessen und Forderungen. Eben das zeigt sich zurzeit auf dem Oranienplatz. Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hat das am Sonntag unterschätzt, als sie nur mit einem Teil Absprachen zum Umzug in den Wedding traf. Dass Herrmann jetzt in der schwierigen Lage weiter Dialogbereitschaft signalisiert, ist zu loben. Der realitätsferne Senat könnte sich eine Scheibe davon abschneiden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.