Die Farbe Lila
»The Electric Lady« von Janelle Monáe
Sie beschreibt sich als Businessfrau, Produzentin, Performerin und Künstlerin. Und sie macht »Musik für ein breit gefächertes Publikum«. Falsch geraten - hier geht es nicht um Lady Gaga. Es geht um Janelle Monáe. Die ist ebenfalls 27, hängt aber nicht mit Marina Abramovic ab, um mit Hilfe der berühmten Performance-Künstlerin einen Weg aus der musikalischen Sackgasse zu finden. Kunst hilft ja manchmal.
Monáe geht es musikalisch ausgezeichnet. Seit ihrer jüngsten Veröffentlichung »The Electric Lady« klettert sie auf einem steil ansteigenden Karriereast flott immer weiter nach oben. Sätze wie diesen von Lady Gaga hat sie sich bislang gespart: »Ich will nicht überheblich klingen, aber ich habe es zu meinem Ziel gemacht, die Popmusik zu revolutionieren.«
Monáe freut sich schon, wenn ihr »die jüngere Generation zuhört«. Das klingt aus dem Mund einer jungen Frau ein bisschen altklug. Allerdings hat sie einiges zu erzählen. Sie will die ganz große Popshow. Und sie will sie mit politischen Vorzeichen. Das war erstmals vor drei Jahren klar, als ihr hübsch überkandideltes Debüt »The Archandroid« erschien. Krachbunt inszeniert und reich an musikalischen Verweisen spielte die Platte in einem fiktiven Jahr 2719. Eine Reise in Science-Fiction-Welten mit afrofuturistischer Basis.
Monáe stammt aus Kansas; sie ist die Tochter einer Putzfrau und eines Müllmannes. Und sie ist schwarz. Ähnlich wie der Cosmic-Jazzer Sun Ra, der Dub-Reggae-Musiker Lee »Scratch« Perry oder das Detroiter Techno-Kollektiv Underground Resistance arbeitete die ehemalige Schauspielstudentin auf »The Archandroid« mit Science-Fiction-Ideen à la Fritz Lang oder Philip K. Dick, insbesondere mit dem Topos des versklavten Androiden, um so auf aktuelle Problemlagen der »Black Community« zu verweisen.
Monáe ist gut mit der humanistisch engagierten Neo-Soulsängerin Erykah Badu befreundet; auf »The Electric Lady« wird sie nicht nur von Badu, sondern auch von Prince, Solange und vielen anderen illustren Künstlern unterstützt. Ihr Popgedächtnis inszeniert Monáe betont schrill, aber meist mit Stil. Zu hören gibt’s slicken Jazz-Funk, Musical-Streicher, Rock-Gitarren, 60er-Jahre-Girlgroup-Pop und die geschulte R&B-Soulstimme Monáes natürlich.
Für die rahmende Erzählung ihres Debüts hatte Monáe sich eine Kunstfigur ausgedacht: die Androidin Cindi Mayweather. Damals noch eine sich selbst fremde, als andersartig definierte Maschine, ist Cindi derweil zu einem selbstbestimmten Beinahe-Menschen geworden. Wurde der Kampf etwa gewonnen? Jedenfalls wird viel und heftig getanzt. Die Musik will es - sowieso.
Die Dance-Pop-Künstlerin als optimistische Friedensbotschafterin einer Zukunft gleichberechtigter Unterschiede? Nun, warum nicht. Janelle Monáe sagt: »Ich sehe Androiden, Cyborgs, Menschen. Ich interessiere mich nicht für einen roten oder blauen, sondern für einen lilafarbenen Staat.«
Janelle Monáe: »The Electric Lady« (Warner)
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