Taktierer

Frank Bsirske, erster und bisher einziger ver.di-Vorsitzender kündigt eine weitere Kandidatur an

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Rente mit 67 kritisiert Frank Bsirske, doch er selbst plant, bis zu diesem Alter zu arbeiten. »Mir macht die Arbeit Spaß, ich kann gesundheitlich weitermachen.« Deshalb werde er noch einmal als ver.di-Vorsitzender kandidieren, sagte der 61-Jährige der »Bild«-Zeitung.

Seit 2001 steht der Sohn eines Arbeiters und einer Krankenschwester an der Spitze der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Sie ist mit rund zwei Millionen Mitgliedern nach der IG Metall die zweitgrößte Gewerkschaft Deutschlands. Bsirske, der Gewerkschafter wurde, weil er mitbekam, wie sein Vater, ein Anhänger der KPD, bei VW als Betriebsrat half, die Arbeitsbedingungen der Kollegen zu verbessern, weist noch weitere Widersprüche auf. So war der gebürtige Helmstedter, bevor er ver.di-Vorsitzender wurde, als Personal- und Organisationsdezernat der Stadt Hannover für den Abbau von fast 1000 Stellen verantwortlich. Und die vergangenen Regierungen kritisierte er lautstark und gestenreich ob ihrer Spar- und Kürzungspolitik - siehe sein doppelter Stinkefinger 2010 in Dortmund. Am Koalitionsvertrag der neuen Großen Koalition hingegen hatte er nicht so viel auszusetzen: Einführung eines Mindestlohns, die abschlagsfreie Rente mit 63, Stärkung der Tarifeinheit sowie die Mütterrente - alles ganz in Ordnung.

Doch das Grünen-Mitglied Bsirske ist auch ein geschickter Taktierer. Seine Zurückhaltung erfolgte wohl aus Rücksicht auf den SPD-Mitgliederentscheid. Eine Ablehnung hätte die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns erneut in weite Ferne gerückt. Jetzt aber, wo dieser prinzipiell beschlossen ist, gilt es, auf seine konkrete Ausgestaltung Einfluss zu nehmen. Bsirske kündigt an: »Wir kämpfen dafür, dass er rasch bei 10 Euro ankommt.« Begründung: Durch die steigenden Preise müsse der Mindestlohn früher als bislang geplant angehoben werden. Gut möglich, dass Bsirske sein jahrelanges Eintreten für eine Lohnuntergrenze als bleibenden Verdienst verstanden wissen will. Eine weitere Amtszeit als ver.di-Chef mag dafür die Krönung sein.

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