Prag: Weitere Waffenfunde in Palästinensischer Botschaft

Ex-Generalstabschef: »Gut organisiertes Verteilungsnetz von Waffen unter dem Mantel diplomatischer Immunität« / Stadtteil fordert Umzug der Residenz

  • Lesedauer: 2 Min.

Prag. Nach der tödlichen Explosion in der palästinensischen Botschaftsresidenz in Prag geht die Suche nach den Ursachen weiter, durch die am Mittwoch der palästinensische Botschafter in Tschechien, Dschamal al-Dschamal, getötet worden war. Während die Polizei von einem Unfall beim Umgang mit dem Sicherungssystem eines Tresors ausgeht, glaubt die Familie des Diplomaten an ein Mordkomplott.

Ihr Vater sei am Neujahrstag einem »Attentat« zum Opfer gefallen, sagte Rana al-Dschamal am Freitag der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan. »Der Safe wurde über mehr als 30 Jahre in den Räumlichkeiten der palästinensischen Vertretung benutzt - es ist ein altes Gerät ohne moderne Bauteile«, sagte sie dem Bericht zufolge.

Der palästinensische Außenminister Rijad al-Malki sprach hingegen von einem »Arbeitsunfall«. Laut Polizei wurde die Detonation wahrscheinlich durch ein an der Tür des Safes angebrachtes Sprengstoffsystem ausgelöst.

In der Residenz fand die Polizei Waffen, die nicht in Tschechien registriert waren. Auch von Sprengstoff war die Rede. Auf dem Gelände der Botschafterresidenz entdeckte die Polizei zudem illegal gelagerte Maschinenpistolen, wie ein Polizeibeamter der Agentur CTK sagte. Die Zeitschrift »Respekt« sprach unter Berufung auf Geheimdienst-Mitarbeiter sogar von einem ganzen Selbstverteidigungsarsenal für eine zehnköpfige Mannschaft.

Der ehemalige tschechische Generalstabschef Jiri Sedivy zeigte sich beunruhigt über den Fund von Waffen in der Botschafterresidenz. »Man kann über ein gut organisiertes Verteilungsnetz von Waffen und Sprengstoff unter dem Mantel diplomatischer Immunität sprechen«, sagte Sedivy, der Leiter des Instituts für Sicherheitsstudien ist, dem Internetportal »aktualne.cz«. Es handele sich um eine »eklatante Verletzung diplomatischer Normen und Verletzung von Sicherheitsregeln«. In dem Botschaftsgebäude sollen sieben Dutzend Schusswaffen gefunden worden sein.

Derweil fordert der betroffene Stadtteil eine Verlegung der Botschaft. »Wir haben uns an das tschechische Außenministerium gewandt, damit die Botschaft aus unserem Viertel wegzieht«, sagte Petr Hejl, Ratsmitglied im Stadtteil Suchdol der tschechischen Hauptstadt. »Wir fühlen uns von Diplomaten, die Waffen und Sprengstoff besitzen und damit tschechisches und internationales Recht verletzen, verraten«, fügte er hinzu.

Der 56-jährige Dschamal war am Neujahrstag an Kopf, Brust und Magen tödlich verletzt worden. Seine 52-jährige Frau erlitt eine Rauchvergiftung. Sie wurde mit einem Schock ins Krankenhaus eingeliefert, das sie aber schon bald wieder verlassen konnte. Der Sohn des Paares blieb unverletzt. Dschamal gehörte der regierenden Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas an. Er diente als Diplomat in Bulgarien, Ägypten und der Tschechoslowakei. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.