Natürlich unnatürlich
Grit Gernhardt über die fehlende Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel
Bei Aroma denken die meisten Menschen an Wohlgeschmack oder -geruch. Deshalb verwenden Lebensmittelhersteller das Wort als Kaufanreiz, oft verbunden mit dem Zusatz »natürlich«. Das suggeriert knackige Äpfel, saftige Erdbeeren und duftende Vanilleschoten, auch wenn die Geschmacksstoffe in Wirklichkeit aus Mikroorganismen, Pilzen oder Sojaprotein gewonnen werden. Künstliche Aromen dagegen, die komplett im Labor hergestellt werden, kommen beim Verbraucher nicht ganz so gut an.
Das erklärt den juristischen Kampf, den der Schokoladenhersteller Ritter Sport gegen die Stiftung Warentest ausgefochten und am Montag zunächst für sich entschieden hat. Die Tester dürfen das Aroma Piperonal, das Ritter Sport als »natürlich« bezeichnet und in vielen Schokotafeln verwendet, demnach nicht weiter als »synthetisch hergestellt« bezeichnen.
Dabei ist diese Frage für den Verbraucher eigentlich Nebensache. Viel wichtiger wäre eine Kennzeichnungspflicht, die jedem - auch ohne chemische Vorkenntnisse - anzeigt, woraus genau Lebensmittel bestehen und welche Zusätze sie enthalten. Gegen eine solche Pflicht sperren sich die Konzerne jedoch aus gutem Grund - die Liste wäre lang und würde einen wesentlich weniger positiven Eindruck hinterlassen als »natürliche Aromastoffe«.
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