Aids kann eine Behinderung sein
Bundesarbeitsgericht stärkt Kündigungsschutz für HIV-Infizierte
Zur Begründung erklärte das BAG: Eine chronische Krankheit wie Aids könne arbeitsrechtlich eine Behinderung sein. Dies führe zu einem besonderen Kündigungs- und Diskriminierungsschutz. Eine Behinderung liege vor, wenn eine dauerhafte Erkrankung in Wechselwirkung mit dem sozialen Umfeld die Teilhabe am Arbeitsleben erschwert.
Dies treffe auf Aids zu. »Die gesellschaftliche Teilhabe von HIV-Infizierten ist typischerweise durch Stigmatisierung und soziales Vermeidungsverhalten beeinträchtigt«, erklärten die Erfurter Richter.
Eine Kündigung wegen der HIV-Infektion sei daher »im Regelfall diskriminierend und damit unwirksam«. Voraussetzung sei allerdings, dass »der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen kann«.
Mit seinem Urteil setzte das BAG den weiten Behinderungsbegriff der UN-Behindertenrechtskonvention aus 2006 für das deutsche Arbeitsrecht um. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, bezeichnete die Entscheidung als »ein wegweisendes Urteil, das die Rechte aller mit HIV infizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärkt«.
Der Kläger war von einem Arzneimittelhersteller als Chemisch-Technischer Assistent eingestellt. Dabei sollte er im sogenannten Reinraum bei der Herstellung von Arzneimitteln gegen Krebs eingesetzt werden. Bei seiner Einstellungsuntersuchung wies er auf seine symptomlose HIV-Infektion hin. Daraufhin kündigte das Unternehmen. Nach den internen Richtlinien könne der HIV-Infizierte nicht im Reinraum eingesetzt werden.
Das BAG verwies den Streit an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurück. Dies soll klären, ob der Arbeitgeber »durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können«. Sei dies nicht der Fall, sei die Kündigung allerdings wirksam. AFP/nd
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