Aus der Schusslinie
Hessens Regierungschef stellte CDU-Ministerriege vor - zwei Ressortwechsel fallen ins Auge
Wenige Tage vor dem Antritt des neuen schwarz-grünen Landeskabinetts in Hessen hat Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) die künftigen Minister aus seiner Partei der Öffentlichkeit vorgestellt. Während die Ressortchefs Thomas Schäfer (Finanzen), Stefan Grüttner (Soziales) und Axel Wintermeyer (Staatskanzlei) ihre Ämter behalten, sattelt Innenminister Boris Rhein (CDU) auf das Wissenschaftsressort um, die bisherige Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann übernimmt das Justizressort. Dies könnte ein Versuch Bouffiers sein, zwei durch Skandale in die Schlagzeilen geratenen Ministern einen Neuanfang in einem anderen Haus zu ermöglichen. Rhein gilt wegen des Geschehens rund um den Frankfurter Polizeikessel während der Blockupy-Demonstration im Juni 2013 als angeschlagen. Bei Kühne-Hörmann sind es die Vergabe größerer Landesmittel an die Privathochschule European Business School sowie massive Probleme am privatisierten Klinikum Gießen-Marburg.
Neuer Innenminister wird Hessens CDU-Generalsekretär Peter Beuth, der ebenso wie sein Vorgänger als Hardliner gilt. Dass die bisherige Umweltministerin Lucia Puttrich von der CDU nun Bundesrats- und Europaministerin wird, dürfte eine Notlösung sein, weil das Umweltressort an Priska Hinz (Grüne) fällt. Im Kultusministerium rückt Staatssekretär Ralph Alexander Lorz zum Minister auf und setzt damit die von der Bildungsgewerkschaft GEW beklagte Tradition fort, wonach Juristen und nicht erfahrene Praktiker aus dem Schulwesen das Ressort führen. »Was Rhein als Wissenschaftsminister qualifiziert, bleibt Bouffiers Geheimnis«, spottete Linksfraktionschefin Janine Wissler.
Laut Koalitionsvertrag entfallen auf die CDU neben dem Amt des Regierungschefs insgesamt acht Ministerposten, ihr grüner Koalitionspartner stellt zwei Kabinettsmitglieder. Vize-Regierungschef wird Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir. Künftig ist er Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung.
Nach dem knappen Wiedereinzug von Linkspartei und FDP mit 5,2 beziehungsweise 5,0 Prozent bei der Landtagswahl im September bleibt der Hessische Landtag ein Fünf-Parteien-Parlament. Die Konstituierung mit der Wahl des Ministerpräsidenten und der Bestätigung des Kabinetts durch die Abgeordneten ist für kommenden Samstag vorgesehen.
Indessen ist politischer Streit um die von der »Schuldenbremse« ausgehenden »Sachzwänge« für die Kommunen absehbar. So sehen sich die finanziell angeschlagenen Landkreise Kassel, Gießen, Groß-Gerau, Offenbach, Rheingau-Taunus und Odenwald nicht in der Lage, die Bedingungen der Finanzierungsvereinbarungen mit der Landesregierung einzuhalten. Vor gut einem Jahr hatten sie sich unter dem Druck knapper Kassen dem »kommunalen Schutzschirm« angeschlossen: Im Gegenzug für Landesgelder zur Schuldentilgung war die Verpflichtung zu Ausgabenkürzungen abzugeben - mit dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2020. Bei Nichteinhaltung drohen den Kommunen Sanktionen.
»Das Land hat seinen Anteil am Vertrag nicht erfüllt«, kritisiert Burkhard Albers (SPD), Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises. So habe das Finanzministerium seinem Landkreis vor einem Jahr deutlich höhere Einnahmen bei der Kreis- und Schulumlage zugesagt und nun statt der versprochenen Steigerung um 5,5 Prozent nur 3,2 Prozent zugestanden, so Albers. Erich Pipa (SPD), Präsident des Hessischen Landkreistags und Landrat im Main-Kinzig-Kreis, zeigte sich über den im Dezember besiegelten schwarz-grünen Koalitionsvertrag »aus kommunaler Sicht enttäuscht«.
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