Strengere Regeln für Rohstoff- und Börsenhandel in der EU
Kommission, Mitgliedsstaaten und Europaparlament einigen sich auf Neufassung der Finanzmarktrichtlinie Mifid
Brüssel/Straßburg. Unterhändler von EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament haben sich in der Nacht zum Mittwoch auf eine Neufassung der Finanzmarktrichtlinie Mifid geeinigt. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier sprach von einem »wichtigen Schritt, um das Finanzsystem sicherer, transparenter und verantwortungsvoller« zu machen.
Die Einigung sieht vor, dass der Turbo-Handel an den Börsen automatisch unterbrochen werden muss, wenn es zu starken Preisschwankungen kommt. Dies dürfte die Rendite stark senken - beim Hochfrequenzhandel laufen Wertpapiergeschäfte über Computer in Bruchteilen von Sekunden ab, was Kursturbulenzen auslösen kann. Zudem will die EU den außerbörslichen Handel transparenter machen. An den Warenterminbörsen sind ferner Obergrenzen im Handel mit Rohstoffen und Lebensmitteln vorgesehen. Dies soll Spekulanten abschrecken und verhindern, dass die Preise stark schwanken.
Auch die Finanzberatung der Anleger soll besser werden. Die EU-Staaten wollen dafür sorgen, dass Bankberater zum Wohle der Kunden handeln - und sich nicht an der Höhe der anfallenden Provision orientieren. Ein von einigen EU-Abgeordneten verlangtes Provisionsverbot fand keine Mehrheit. Banken müssen aber künftig bei der persönlichen Beratung mit einem schriftlichen Protokoll oder der Aufzeichnung des Telefonats dokumentieren, warum sie ein Finanzprodukt empfohlen haben und wie risikobereit der Kunde ist.
Die deutsche Kreditwirtschaft begrüßte, dass die Beratung auf Provisionsbasis erhalten bleibt. Dies sei »erforderlich, um eine Beratung aller Bevölkerungsschichten und in der Fläche zu ermöglichen«, teilte der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken mit. Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold hält den Verbraucherschutz dagegen für zu gering: »Da gab es durch den starken Widerstand im Rat der Mitgliedsländer und im Europaparlament nur wenige Fortschritte.«
Dagegen nannte Giegold die neuen Auflagen für Spekulationen mit Lebensmitteln als »großartigen Sieg für das Bürgerengagement in Europa«. Kritiker halten diese aber für zu lasch. Thilo Bode von der Verbraucherorganisation Foodwatch sprach von einem »faulen Kompromiss«. Da die Positionslimits nicht EU-weit einheitlich, sondern von jedem Staat selbst festgelegt werden sollen, bleibe dieses Instrument »wirkungslos«. »Die EU-Mitgliedsstaaten treten damit in einen Standortwettbewerb ein, in dem das Land mit den laxesten Regeln am meisten profitiert.«
Der Kompromiss muss in den nächsten Wochen noch vom EU-Parlament und den EU-Staaten formal angenommen werden. Vor allem die britische Regierung, die um den Londoner Finanzplatz fürchtete, hatte nach Angaben von EU-Diplomaten die Einigung verzögert. dpa/nd
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