Sommer hört im Frühling auf
DGB-Vorsitzender tritt ab, Rainer Hoffmann von der IG BCE wird Nachfolger / Gewerkschaftsbund stellte Agenda für 2014 vor
»Schwarz-Gelb hatte einen fulminanten Knatterstart, und danach kam nichts mehr«, sagte DGB-Chef Michael Sommer bei der Jahresauftaktpressekonferenz des Deutschen Gewerkschaftsbundes am Donnerstag in Berlin. Die neue Große Koalition müsse nun schnell auch das aufarbeiten, was die Vorgängerregierung nicht angepackt hat. Insbesondere beim gesetzlichen Mindestlohn und wichtigen Neuregelungen bei der Rente wolle man darauf achten, dass das, was im Koalitionsvertrag stehe auch fix umgesetzt werde. Man müsse aber auch bedenken, warum es den Mindestlohn überhaupt brauche, sagte Sommers designierter Nachfolger Rainer Hoffmann - »weil sich viele Arbeitgeber ihrer sozialen Verantwortung entziehen« und nicht willens seien, Tarifverträge abzuschließen. Es gebe jetzt die Chance auf die vom DGB geforderte »Neuordnung der Arbeit«. Mindestlohn, Rente und die Stärkung des Tarifvertragswesens sind davon wichtige Bausteine.
Das vergangene Jahr sei ein besonderes für den DGB gewesen, sagte Sommer weiter. Die Konzentration auf bestimmte Themen habe sich als richtig erwiesen, das gesellschaftliche Ansehen der Gewerkschaften habe sich weiter verbessert, nachdem sie vor nicht allzu langer Zeit noch als »Dinosaurier der untergehenden Industriegesellschaft« angesehen worden seien. Fünf der acht DGB-Gewerkschaften verzeichneten im letzten Jahr überdies einen Mitgliederzuwachs.
»Die Gewerkschaften haben nach einem absoluten Tiefpunkt 2005 in den letzten Jahren einen Renaissance im Ansehen der Bevölkerung erlebt«, bestätigte Forsa-Chef Manfred Güllner gegenüber »nd«. So hätten nach Umfragen des Meinungsforschungsinstituts die Gewerkschaften 2013 mit 48 Prozent Zustimmung deutlich vor den Kirchen gelegen. Zum Vergleich: Die Polizei belege mit 81 Prozent Zustimmung den Spitzenplatz, gefolgt von Wissenschaftlern und Ärzten mit 77 beziehungsweise 75 Prozent.
Der DGB will 2014 weiter die Austeritätspolitik der EU zum Thema machen und dafür werben, bei der im Mai stattfindenden Wahl zum Europäischen Parlament an die Urnen zu gehen. »Wir werden alles unternehmen, um bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Wahlbeteiligung nach oben zu treiben«, sagte Sommer. Würde die Wahlbeteiligung niedrig sein, drohten »populistische Kräfte« auf europäischer Ebene stärker zu werden.
Zum Zeitpunkt der EP-Wahl am 25. Mai wird schon ein Anderer die Geschicke des DGB lenken. Michael Sommer, der heute seinen 62. Geburtstag feiert, tritt beim DGB-Bundeskongress am 11. Mai ab. Der Bundesvorstand hat Rainer Hoffmann von der IG BCE zum Nachfolger vorgeschlagen. Der DGB-Bundesausschuss, das höchste Gremium zwischen den Kongressen, hatte ihn bereits im September in den geschäftsführenden Vorstand gewählt, wo er die Arbeitsbereiche Wirtschaftspolitik und Finanzen von Claus Matecki übernehmen wird, der Ende des Monats in den Ruhestand geht. Annelie Buntenbach wird sich im Mai wieder zur Wahl stellen, ebenso Elke Hannack. Neu gewählt werden soll dann Stefan Körzell, bislang DGB-Chef in Hessen-Thüringen.
Der Geschäftsführende Bundesvorstand wird mit dem Bundeskongress im Mai um einen Posten - von fünf auf vier - verkleinert. Das hatten die Delegierten beim Kongress 2010 mit einer Satzungsänderung beschlossen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.