Löhne sollen abheben
Am Frankfurter Großflughafen legten Beschäftigte im Sicherheitsbereich die Arbeit nieder
Ein ganztägiger Streik der Sicherheitskräfte hat am Freitag am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen für 60 Flugausfälle und stundenlange Verzögerungen bei der Abfertigung gesorgt. Zu dem Ausstand aufgerufen waren die rund 5000 Beschäftigten privater Sicherheitsunternehmen in den Bereichen Personen- und Frachtkontrolle, Flughafensicherheit und Services. Damit soll der Druck in den laufenden Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) verstärkt werden.
Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di folgte ein großer Teil der Beschäftigten in den Firmen FraSec, I-SEC und W.I.S. dem Aufruf zur Arbeitsniederlegung. Während die Mehrzahl der am Flughafen operierenden Sicherheitsunternehmen im BDSW organisiert ist, gehört die Firma FIS nicht dem Arbeitgeberverband an. Die FIS-Beschäftigten hatte ver.di im Rahmen der laufenden Verhandlungen über einen Haustarifvertrag zeitgleich zum Streik aufgerufen. Zudem schloss sich die im Deutschen Beamtenbund organisierte Gewerkschaft komba dem Streikaufruf an. »Auch unsere Löhne sollen abheben«, lautete die Parole auf einem Transparent. Dagegen kritisierte der BDSW die ver.di-Aktion als »grenzwertig«. »Das sind schon flächendeckende Streiks«, sagte Hauptgeschäftsführer Harald Olschok.
Die Dienstleistungsgewerkschaft fordert für die rund um die Uhr eingesetzten Beschäftigten einen einheitlichen Stundenlohn von 16 Euro. Das Arbeitgeberangebot zwischen 10 und 13 Euro sei »deutlich zu wenig«, bemängelte ver.di-Verhandlungsführer Mathias Venema: »Die Beschäftigten machen eine ausgesprochen wichtige Arbeit und haben eine große Verantwortung. 16 Euro ist dafür nicht zu viel«, so der Gewerkschafter. Schließlich würden diese Tätigkeiten in Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bremen oder Nordrhein-Westfalen schon heute mit bis zu 15 Euro entlohnt. Die Verhandlungen sollen Mitte übernächster Woche weitergehen.
Der Ausstand hatte in der Nacht zum Freitag begonnen und war bis in die späten Abendstunden angesetzt. Bereits am Morgen bildeten sich vor den Sicherheitskontrollen lange Schlangen. Fluggäste wurden von Terminal 2 nach 1 umdirigiert. Laut ver.di waren nur Beschäftigte eingesetzt, die direkt beim Flughafenbetreiber Fraport in Lohn und Brot stehen. Dass im Sicherheitsbereich am Flughafen für dieselbe Arbeit Beschäftigte verschiedener Firmen mit höchst unterschiedlichen Löhnen und Arbeitsbedingungen eingesetzt werden, ist Folge des von der EU-Kommission ausgehenden Drucks zur Liberalisierung der Bodendienste an den Verkehrsflughäfen. Der erzwungene Wettbewerb habe Dumpingdruck, Ausgründungen und Fremdvergaben gefördert und werde weitgehend auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen, klagen Gewerkschafter.
»Wir erhalten unheimlich viel Zuspruch von allen Beschäftigten am Flughafen«, freute sich ein Streikender. »Bitte bleibt gegenüber den Passagieren höflich und sachlich«, so seine Empfehlung an die Streikposten.
Die Lufthansa empfahl, für innerdeutsche Flüge auf Fernzüge auszuweichen. »Wer auf die Bahn ausweicht, erhält den Wert des ungenutzten Flugscheins erstattet«, teilte die Airline mit. Ein Sprecher des Flughafens rief am Vormittag angesichts immer länger werdender Schlangen alle Passagiere auf, »nicht mehr zum Flughafen zu kommen«. Am Nachmittag stellte ver.di 110 Streikende ab, um zusätzliche Kontrollen durchführen zu können, und beschuldigte Fraport, für die teils chaotischen Zustände verantwortlich zu sein. Die Bundespolizei teilte mit, der Flughafen sei weitgehend gesperrt. Es würden nur noch Fluggäste abgefertigt, die in Frankfurt umsteigen müssen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.