Offene und versteckte Hürden

Europawahl ist vornehmlich national geregelt

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Europawahl heißt: Bei fast jedem Urnengang gilt es neue Regeln zu beachten. Denn obwohl das Europäische Parlament bei Entscheidungen mit einer Stimme spricht - für oder gegen ein Gesetzesvorhaben -, ist das Zustandekommen seiner Besetzung alle fünf Jahre in vielen verschiedenen Vorschriften geregelt.

Ein EU-weites Wahlgesetz gibt es nicht, lediglich allgemein verbindliche Vorgaben. Dazu gehört, dass die Abgeordneten in einer »allgemeinen, freien und geheimen Wahl« bestimmt werden müssen. Darüber hinaus regeln alle 28 Mitgliedsstaaten selbst, wie sie ihre Vertreter nach Straßburg und Brüssel entsenden. Schon der Wahltag richtet sich nach nationalen Vorlieben. So findet die Europawahl in Deutschland und den meisten anderen EU-Ländern zwar am 25. Mai statt, die Niederländer und Briten wählen dagegen schon am 22. Mai, die Iren am 23. Mai und die Italiener am 24. und 25. Mai. Höchst unterschiedliche Vorgaben gelten auch beim Mindestalter für das aktive und passive Wahlrecht. In den meisten Ländern darf ab 18 Jahren das Kreuz gesetzt und kandidiert werden. In Italien, Zypern und Griechenland liegt die Altersgrenze für die mögliche Anwartschaft bei 25 Jahren.

Auch mit der Sperrklausel wird unterschiedlich umgegangen. Mit Deutschland sehen nun insgesamt 14 Staaten keine prozentuale Begrenzung vor. EU-Neuling Kroatien, aber auch langjährige Mitglieder wie Frankreich und Belgien haben dagegen wie noch sechs andere Länder eine Fünf-Prozent-Hürde, wieder andere eine Drei- oder Vier-Prozent-Klausel. In Großbritannien, Frankreich und vier weiteren Staaten wird der Einzug ins EU-Parlament für kleinere Parteien noch dadurch erschwert, dass die Länder in Wahlkreise eingeteilt sind.

In allen EU-Staaten gibt es jedoch ohnehin eine nicht festgeschriebene Sperrklausel. Sie ergibt sich aus der für jedes Land festgeschriebenen Zahl der Parlamentssitze. Von den im neuen EU-Parlament insgesamt 751 zu vergebenen Mandaten gehen 96 an Deutschland. Dadurch bleibt es auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bei einer faktischen Hürde von etwa einem Prozent. Dies ist im Vergleich zu kleineren EU-Ländern eine sehr geringe Hürde. Ein Abgeordneter aus Zypern musste bei der Europawahl 2009 etwa, um einen der sechs Sitze für sein Land zu erringen, zehn Prozent der Stimmen auf seine Partei vereinigen.

Dieses Missverhältnis wurde auch nicht durch die Neuverteilung der Sitze im Vertrag von Lissabon behoben. Darin ist die Zahl der zu wählenden Abgeordneten nach dem Prinzip der »degressiven Proportionalität« geregelt. So haben bevölkerungsreiche Länder grundsätzlich mehr Abgeordnete als bevölkerungsärmere. Jenen werden jedoch mehr Abgeordnete pro Einwohner zugesprochen.

Im EU-Parlament selbst wird schon länger ein einheitliches Europawahlrecht gefordert. Vorschläge für eine Reform erarbeitete der Ausschuss für konstitutionelle Fragen bereits vor drei Jahren. Sie wurden jedoch bisher nicht im Plenum abgestimmt.

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