Elternaufstand vorerst abgesagt
Kein Volksantrag zur Schülerbeförderung in Sachsen - Hoffnung ruht auf Gesetzesvorstoß
Der Plan versprach Ungemach für die Regierenden in Sachsen: Mitten im anlaufenden Wahlkampf drohten Eltern einen Volksantrag ins Rollen zu bringen. Rund 40 000 Unterschriften sollten dafür gesammelt werden, dass die Kosten der Schülerbeförderung künftig vom Land übernommen werden. Eine Galgenfrist wurde gesetzt, und zwar bis Mitte März. Bewege sich die Regierung nicht, werde losgelegt, sagte Peter Lorenz, der Chef des Landeselternrats (LER), noch vor einem Monat: »Wir sind hoch motiviert.«
Bewegung von Seiten der Regierung war nicht zu beobachten; den Volksantrag aber wird es ebenso wenig geben - zumindest vorerst. Der Rückzieher erfolgt unter Verweis auf einen für April geplanten Gesetzesvorstoß im Landtag. Der berücksichtige »die Interessen von Eltern, Schülern, den Kommunen und der Wirtschaft«, sagte Lorenz jetzt und fügte hinzu: »Diese Initiative unterstützen wir.« Nur für den Fall, dass der Vorstoß nicht erfolgreich sei, behalte man sich die Möglichkeit der Unterschriftensammlung weiter vor.
Ob die Elternvertretung damit taktisch gut beraten ist, darf gefragt werden. Der Gesetzentwurf, auf dem die Hoffnungen der Eltern ruhen, würde von der Opposition eingereicht - und hat damit nach sächsischen Gepflogenheiten faktisch keine Chance, angenommen zu werden. Offen ist zudem, ob die Initiative überhaupt zustande kommt. Cornelia Falken, Bildungspolitikerin in der Linksfraktion, bestätigte gestern zwar auf Anfrage entsprechende Absichten: »Es gibt in der LINKEN die Überlegung, einen Vorstoß zu unternehmen.« Entscheiden müsse das aber nächste Woche der Fraktionsvorstand. Zuletzt hatte die LINKE vor rund einem Jahr im Zusammenhang mit Debatten um die Lernmittelfreiheit auch Regelungen für den Schülertransport angeregt.
Mit der SPD, die das Thema für April definitiv auf die Tagesordnung setzen will, ist diese Initiative offenbar nicht abgestimmt. Die Sozialdemokraten hatten erst kürzlich einen Antrag zum kostenlosen Schülertransport zur Anhörung gebracht und planen auf dieser Grundlage einen erneuten Vorstoß - aber nicht in Form eines Gesetzentwurfs. Dass es in anderen Fraktionen derlei Überlegungen gebe, sei ihr »bisher nicht bekannt«, sagte gestern die SPD-Bildungsexpertin Eva-Maria Stange.
Der Rückzieher der Elternvertreter sorgt im Landtag für kaum verhohlene Enttäuschung. Stange räumt zwar ein, einem Volksantrag und vor allem dem folgenden Volksbegehren skeptisch gegenüber zu stehen: »Das hielte ich angesichts der Erfahrungen im Land für gewagt.« Ein erfolgreiches Volksbegehren, das nach der Ablehnung eines Volksantrags gestartet werden kann, benötigt 450 000 Unterschriften. Seit 1990 gab es im Freistaat erst vier Anläufe. Drei scheiterten, davon zwei zu Schulfragen.
Zugleich betont Stange aber, dass sie es für äußerst nützlich gehalten hätte, wenn die parlamentarische Initiative zum Schülertransport mit der Sammlung von Unterschriften sowie deren Übergabe an den Landtag flankiert worden wäre: »Das hätte unser Anliegen sehr unterstützt.« Ähnlich äußert sich Falken, die von der Absage der Sammelaktion offenkundig überrascht wurde: »Das sollte sich eigentlich gegenseitig unterstützen.« Die Eltern dagegen wollen nun erst sammeln, wenn die Messen im Landtag gesungen sind - was im Klartext heißt: nicht mehr vor der Wahl.
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