Scharfschützen: Europarat dringt auf Aufklärung
Todesschüsse vom Maidan immer noch ungeklärt / Jagland verlangt von Kiew Rechtsreformen - Sorgen wegen rechtsradikalem Generalstaatsanwalt
Berlin. Der Europarat hat die ukrainische Übergangsregierung erneut aufgefordert, die Todesschüsse auf dem Maidan-Platz in Kiew Ende Februar endlich aufzuklären. Generalsekretär Thorbjørn Jagland sagte der »Süddeutschen Zeitung«, um allen Spekulationen entgegenzuwirken müssten die Schuldigen dieser Verbrechen dringend ermittelt werden.
Zunächst waren die tödlichen Schüsse, durch die rund 100 Menschen starben, den damaligen Sicherheitsbehörden und der Bereitschaftspolizei angelastet worden - und damit der inzwischen gestürzten Regierung von Viktor Janukowitsch. Kommandeure der damals eingesetzten Antiterroreinheiten und des Geheimdienstes hatten stets bestritten, Todesschüsse abgegeben zu haben. Ein abgehörtes Telefongespräch des estnischen Außenministers Urmas Paet mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton hatte dann den Verdacht in Richtung der Oppositionsgruppen selbst gelenkt. Doch auch hier blieben die Hintergründe eher unklar. Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow beteuerte später, dass die Ermittlungen zu den Maidan-Toten intensiv geführt und Ergebnisse demnächst präsentiert würden. Dabei heizte auch er die Gerüchteküche weiter an: »Der Schlüsselfaktor bei dem Blutbad in Kiew war eine dritte Kraft - und diese Kraft war keine ukrainische.«
Die »Süddeutsche« verweist nun auch auf »Berichte von Augenzeugen«, denen zufolge »auch Angehörige von Oppositionsgruppen geschossen hätten«. Dies habe den Europarat »hellhörig gemacht«. Die staatsnahe russische Nachrichtenagentur RIA Novosti hatte am Freitag gemeldet, dass die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine die Identität der Scharfschützen vom Maidan bereits ermittelt hätte. Unter Verweis auf die ukrainische Nachrichtenagentur UNIAN wird Generalstaatsanwalt Oleg Machnizki mit den Worten zitiert: »Die Identität der Scharfschützen, die auf dem Maidan geschossen hatten, ist festgestellt. Ihre Namen kann ich nicht nennen. Aber sie sind bekannt. Vorläufig sind das nur ukrainische Bürger.«
Europarat-Generalsekretär Jagland hat inzwischen die Regierung in Kiew angemahnt, dringende Reformen der Justiz und des Wahlrechts in Angriff zu nehmen. Er kritisierte laut »Süddeutsche Zeitung« zudem, dass der Generalstaatsanwalt »sehr viel Macht« habe und dies »angesichts der Tatsache, dass dieser Posten von einem Mitglied der rechtsextremen Swoboda-Partei bekleidet wird, besonders problematisch« sei. Agenturen/nd
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