Stegner: SPD muss »unumstrittene Gerechtigkeitspartei« sein
Sozialdemokrat nennt Äußerungen aus der Linken in der Krim-Krise »bemerkenswert dämlich« / Kipping: Militärkurs der SPD »macht gemeinsame Politik schwieriger«
Berlin. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD, Ralf Stegner, hat den Anspruch seiner Partei untermauert, »selbst die unumstrittene Gerechtigkeitspartei« zu sein. Die Sozialdemokraten würden »sonst bei Wahlen auf Dauer bei 25 Prozent hängen bleiben«, sagte Stegner den »Kieler Nachrichten«. Wichtig sei darüber hinaus, bereits jetzt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, um 2017 mehrere Regierungsoptionen zu haben. »Da sind vor allem die Grünen, aber auch Linkspartei und FDP wichtig.« Der SPD-Vize wies darauf hin, dass sich bisher Koalitionen der SPD mit der Linkspartei nicht negativ ausgewirkt hätten. »Wenn wir mit ihnen zusammen regieren, war das für die SPD noch nie von Nachteil.«
Stegner erklärte, dass die SPD jetzt aber zunächst den Koalitionsvertrag mit der Union bis 2017 erfüllen wolle. Gespräche mit der Linkspartei seien dennoch möglich, der SPD-Vize kritisierte zugleich aber manche Äußerungen aus der Linkspartei in der Ukraine-Debatte als »bemerkenswert dämlich«. Stegner wehrte sich zudem gegen die öffentliche Meinung, er sei ein besonderer Befürworter von Rot-Rot-Grün. »Wie es zu dieser Behauptung kommt, kann ich mir gar nicht erklären.« Insbesondere im Westen wolle er »Parteien links der SPD aus den Parlamenten raus haben«.
Zuletzt hatte es zwischen SPD und Linkspartei aber auch den Grünen zum Teil heftige Wortwechsel um die Politik in der Krim-Kris gegeben. Erst am Samstag hatte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann unter Verweis auf einen angeblich pro-russischen Kurs der Linkspartei eine Koalition mit Grünen und Linken 2017 in weite Ferne rücken sehen. »Ich halte die außenpolitische Positionierung der Linkspartei für unverantwortlich, sie stellt die Westbindung infrage«, sagte er zum Abschluss einer Fraktionsklausur in Berlin. »In einem Land wie Deutschland kann man nur eine Regierung mit Partnern bilden, mit denen außenpolitisch und europapolitisch ein Grundkonsens besteht. Das ist derzeit bei der Linkspartei nicht der Fall.« Oppermann behauptete zudem, Linken-Fraktionschef Greor Gysi versuche, den Bruch des Völkerrechts durch die Annexion der Krim zu relativieren. »Das finde ich absolut unvertretbar«, kritisierte Oppermann.
Gysi hatte freilich unter anderem gegenüber dem Deutschlandfunk vor einigen Tagen deutlich gemacht, dass das Vorgehend Russlands auf der Krim seines Erachtens nicht in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht steht. Dies betonten in einem Gespräch mit der »Frankfurter Allgemeinen« auch die beiden Vorsitzenden der Linken, Katja Kipping und Bernd Riexinger. »Es gab das Versprechen, dass die Nato sich nicht im Osten ausdehnt, doch das hat sie gemacht. Es gab eine gravierende Einmischung in der Ukraine. Bei dieser Kritik bleiben wir. Aber die Annexion der Krim durch Russland ist nicht akzeptabel. Die Linke steht auf dem Boden des Völkerrechts«, so Riexinger. Kipping ergänzte, es sei »falsch, immer nur einen Schuldigen zu suchen. Diese Einseitigkeit kam nicht von uns, sondern von anderen Parteien.« Zudem sei sie »nicht glücklich, dass sich die Opposition gegenseitig so sehr angreift. Die große Koalition bietet genügend Anlass zur Kritik.«
Dass die rot-rot-grüne Krim-Krise den Anstrengungen schade, Gemeinsamkeiten und Grenzen einer Zusammenarbeit von SPD, Grünen und Linkspartei mit Blick auf 2017 auszuloten, glaubt die Linken-Spitze nicht. »Für Rot-Rot-Grün ist entscheidend, ob es den Willen zum Politikwechsel und für ein Reformprojekt gibt. Dann wird man sich unterhalten können und müssen«, sagte Riexinger der »Frankfurter Allgemeinen«. Kipping zeigte sich zugleich aber skeptisch. »Beim Blick auf Rot-Rot-Grün besorgt mich mehr der Militarisierungsdiskurs in der Gesellschaft. Die große Koalition mit SPD-Beteiligung hat vor der Krim-Krise fast im Wochentakt neue mögliche Einsätze ins Gespräch gebracht. Das macht gemeinsame Politik schwieriger«, so die Linkenvorsitzende. nd
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