Verdrängungsgefahr selbst für die Mittelschicht
Der Bezirk Pankow weist fünf soziale Erhaltungsgebiete in Prenzlauer Berg neu aus, um die Segregation zu bremsen
Steigende Mieten haben in Berlin zu Verdrängungen von Mietern mit wenig Geld geführt. Wie kann dieser Prozess gestoppt oder zumindest abgeschwächt werden? Der Bezirk Pankow gilt hier als Vorreiter. Am kommenden Mittwoch wird die Zählgemeinschaft aus SPD und Grünen den nächsten Schritt gehen - und die Verordnung zur Gebietsausweisung von fünf neuen sozialen Erhaltungsgebieten (Milieuschutzgebieten) in Prenzlauer Berg beschließen. Am Freitag stellten Vertreter von Grünen und SPD sowie aus Behörden die Hintergründe vor.
Das wichtigste Ziel, so der Grünen-Fraktionsvorsitzende Cornelius Bechtler, sei es, bezahlbaren Wohnraum im Bezirk zu sichern. Das Instrument hierfür sei das soziale Erhaltungsrecht. Auf Grundlage des Baugesetzbuches ist es möglich, Erhaltungsgebiete auszuweisen. Diese sollen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung schützen. Der Bezirk Pankow hatte 2012 neue Genehmigungsverfahren für die bisherigen Erhaltungsgebiete erlassen, wie Richard Schröder, Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Grünanlagen, ausführte. Diese verbieten beispielsweise den Bau eines zweiten Bades und die Zusammenlegung von Wohnungen. »In der Anwendung haben die Kriterien sich als sehr praktikabel erwiesen«, sagte Schröder.
Mit den neuen Erhaltungsgebieten soll der Schutz vor Luxussanierungen, Zweckentfremdungen durch Ferienwohnung und Exzesse energetischer Sanierung ausgeweitet werden. Die neue Ausweisung betrifft den Kollwitz-, den Teutoburger- und den Helmholtzplatz sowie die Winsstraße und das Bötzowviertel. Während vorher ungefähr 43 850 Wohnungen mit 69 500 Bewohnern zu den Erhaltungsgebieten zählten, sind es in den neuen 78 000 Wohnungen mit 130 000 Einwohnern.
Eine Sozialstudie von Ende 2013 hatte den enormen Aufwertungs- und Verdrängungsdruck in Prenzlauer Berg dokumentiert. So sind am Helmholtz- und Teutoburger Platz die Mieten um rund 30 Prozent zwischen 2002 und 2012 gestiegen. Vor allem der Verlust von Kleinwohnungen durch Zusammenlegungen sei ein großes Problem. Die Untersuchung stellt ein weiteres Aufwertungspotenzial fest - und sieht selbst eine Verdrängungsgefahr für die »Mittelschicht«, insbesondere auch Familien mit Kindern.
Claus Mindrup (MdB und Bezirksverordneter der SPD) betonte, dass die Erhaltungsgebiete ein Instrument auf der kommunalen Ebene seien. Um Verdrängungen zu bremsen, bedürfe es auch Instrumente auf Bundes- und Landesebene. »Doch leider bremst die CDU im Land das Umwandlungsverbot aus.« Mit diesem könnte die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen als einer der wichtigsten Faktoren der Verdrängung gestoppt werden.
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