Ein Berliner greift nach dem »Titel des Wahnsinns«
Basketballer Niels Giffey kann erneut College-Meister in den USA werden
Winzig sehen die Basketballer aus. Fast nichts ist zu erkennen aus dem Oberrang des AT&T Stadium. In Texas muss alles etwas mächtiger sein, sagt man. Nur der gigantische Videowürfel, rund 600 Tonnen schwer und größer als das darunter liegende Basketballfeld, lässt die Fans beim Final Four der College-Liga NCAA auch auf den hintersten, immer noch etwa 300 Dollar (220 Euro) teuren Plätzen am Geschehen teilhaben. Etwa 100 000 Fans werden trotzdem kommen, gut 20 Millionen Amerikaner werden vor dem Fernseher sitzen - willkommen zur »March Madness«, zum alljährlichen Wahnsinn im März.
Die Arena in Arlington, eigentlich Heimstätte des American-Football-Teams der Dallas Cowboys, ist Schauplatz eines Spektakels, das die USA Jahr für Jahr in seinen Bann zieht. Das Finale in der Nacht zum Dienstag ist bei den Sportbegeisterten in den Vereinigten Staaten derzeit das Gesprächsthema Nummer eins. Die College-Meisterschaft der Basketballer bewegt sich in Dimensionen, die in Deutschland kaum vorstellbar sind.
Für Nationalspieler Niels Giffey ist das alles nichts Besonderes mehr. Seit vier Jahren spielt der Berliner für die Universität Connecticut, und wieder greift er nach dem Titel. Schon 2011 hatte er mit den UConn Huskies die Finalrunde erreicht und triumphiert. Auch damals wurde im »Lone Star State« gespielt, in Houston feierte Giffey an der Seite seines Landsmanns Enosch Wolf - ein gutes Omen.
Gern denkt Giffey an seinen großen Tag zurück. Und der 22-Jährige rechnet sich wieder etwas aus. »Wir wissen, worauf es ankommt, wenn man hier gewinnen will«, sagte der 18-malige Nationalspieler der Tageszeitung »Hartford Courant«: »Und wir waren schon mal da.« Alle K.o.-Runden haben die Huskies auf dem Weg ins Halbfinale überstanden. Dort geht es am Samstagabend Ortszeit gegen die Favoriten der Florida Gators.
Durch einen Sieg über die Michigan State Spartans, die Mannschaft des gebürtigen Müncheners Gavin Schilling, hatte UConn sein Ticket gebucht und gleichzeitig den Meistertipp von Barack Obama ruiniert. Auch der US-Präsident füllt alljährlich wie Millionen andere US-Bürger ein sogenanntes »Bracket« aus - einen Spielplan, auf dem alle Gewinner der letzten Turnierphase prognostiziert werden. »Es tut uns leid, dass wir Ihr Bracket kaputt gemacht haben«, twitterte das Team: »Aber wir haben noch Platz im Mannschaftsbus, wenn Sie wollen.« Basketballfan Obama wird das nette Angebot wohl ausschlagen.
Doch auch ohne präsidiale Unterstützung werden den Huskies gute Chancen eingeräumt. Viele Experten halten Aufbauspieler Shabazz Napier für den besten Akteur, der am Wochenende im AT&T Stadium auflaufen wird. Der 22-Jährige, Schlüsselspieler beim Coup von 2011, hält hingegen große Stücke auf seinen deutschen Teamkollegen: »Er ist im College-Basketball einer der besten Werfer. Und er macht alles, was nötig ist. Wenn Trainer Kevin Ollie ihm sagen würde, er soll vom Dach springen, würde er vom Dach springen.«
Für Giffey, der im vergangenen Jahr nicht um die Meisterschaft spielen durfte, weil die gesamte Uni wegen schlechter Noten ihrer Absolventen ein Teilnahmeverbot erhalten hatte, ist es der letzte Anlauf. Der Flügelspieler beendet sein Studium und will danach sehen, »welche Optionen« er habe. Eine Rückkehr nach Deutschland ist denkbar, zuletzt war Giffey bereits mit Alba Berlin in Verbindung gebracht worden. Vorher steht aber noch einmal der College-Wahnsinn auf dem Programm. SID
Halbfinale MESZ
Connecticut - Florida So. 0.00
Kentucky - Wisconsin So. 2.45
Finale Di. 3.00
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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