Es ist heiß in Spanien. So heiß, dass die Umweltministerin Cristina Narbona die Bevölkerung bereits zu Vorsicht mahnt. Spanien ist von Klimaveränderungen, die der Mensch herbeiführt, besonders betroffen. Es gehört aber auch zu den Ländern, die am stärksten gegen das Klimaschutzabkommen verstoßen.
Im vergangenen Jahr litt die gesamte iberische Halbinsel unter der extremsten Dürre seit Beginn exakter Messungen im Jahre 1947. Wegen fehlender Niederschläge könnte 2006 sogar noch trockener werden, warnt das Umweltministerium. Die Pegel der Stauseen sind durch Regenfälle im Frühjahr zwar gestiegen, doch mit einem durchschnittlichen Füllstand von 54 Prozent enthalten sie weniger als im Vorjahr.
Dramatisch ist die Situation in der südspanischen Region um den Fluss Segura. Dort weisen die Wasserspeicher schon jetzt nur eine Füllmenge von 13 Prozent des Maximalpegels auf. Trotz allem kündigt Umweltministerin Narbona an: »Im Augenblick wird es nicht zu Einschränkungen bei der Versorgung kommen«.
Einschränkungen wird es aber in der Landwirtschaft geben müssen, denn dort wird Wasser weiter vergeudet, nicht zuletzt wegen einer falschen Bewässerungspraxis. Das trägt auch zur Erosion und zur Versalzung der Böden bei. Ohnehin werden staatliche Beschränkungen durch das Bohren illegaler Brunnen unterlaufen. Im Süden, vor allem in der trockenen Region Murcia mit ihren endlosen Gewächshäusern, ist das ein beliebter Sport, um den riesigen Durst der Plantagen zu stillen, wozu der Segura schon lange nicht mehr ausreicht. Das führe oft dazu, dass Meerwasser ins Grundwasser eindringt und es versalzt, erklärt Julia Martinez, Sprecherin der Umweltorganisation Ecologistas en Acción gegenüber dem ND. In der noch von den Konservativen regierten Region würden aber auch weiter Golfplätze gebaut, die für ihren extremen Wasserverbrauch bekannt sind.
Aber auch in Kastillien hat eine verfehlte Landwirtschaftspolitik dazu geführt, dass mit großem Bewässerungsaufwand subventioniert Zuckerrüben angebaut werden. An einigen Stellen ist der Grundwasserspiegel derart gesunken, dass sogar sehr tief wurzelnde Weinreben verdorrten und sie nun ebenfalls aufwändig bewässert werden müssen.
Über mehr als eine halbe Million illegale Brunnen versorgen sich viele Bauern in Spanien mit Wasser, räumt sogar das Umweltministerium ein. Die tatsächliche Zahl dürfte noch weit darüber liegen. Mit dem gestohlenen Grundwasser wird ein Sechstel der landwirtschaftlichen Fläche des Landes bewässert. So wird der subventionierte Reis- und Baumwollanbau verstärkt. Nach Angaben des Nationalen Statistikinstituts (INE) nimmt trotz der anhaltenden Dürre der Verbrauch für die Bewässerungen weiter zu. Allein 2003 sei er um 3,2 Prozent gestiegen. In Murcia und der Extremadura waren es sogar 8,1 Prozent bzw. 6,3 Prozent. Rund 80 Prozent des Süßwasserverbrauchs in Spanien verbraucht die Landwirtschaft.
Erst kürzlich hatte die Umweltorganisation WWF kritisiert, dass der Wasserklau nicht nur geduldet, sondern auch von der sozialistischen Regierung weiter subventioniert werde - dank 6,6 Milliarden Euro direkter und indirekter EU-Beihilfen für die Landwirtschaft. Nach Angaben des WWF seien 2005 nur einem Landwirt die Subventionsgelder gestrichen worden, weil er seine Felder aus illegalen Quellen bewässert hatte.
Der WWF fordert, die Zahlung von Subventionen an die Einhaltung von Umweltstandards zu knüpfen. Nur so könne gewährleistet werden, dass der exzessive Wasserverbrauch nicht noch belohnt werde. Auch die Kontrollen müssten verschärft werden.
»Spanien braucht eine Wasserwende«, betont Guido Schmidt, der Wasserexperte des WWF. Denn trotz anhaltender Dürre ist die Bevölkerung kaum für das Problem sensibilisiert. Noch immer spielt Spanien beim Wasserverbrauch in der EU ganz oben mit. Schon eine Modernisierung des maroden Wasserversorgungssystems würde viel bringen. Denn nur gut ein Drittel der eingespeisten Menge kommt tatsächlich bei den Verbrauchern an.
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