Regierung will über Rüstungsexportdetails weiter schweigen
Bundesverfassungsgericht verhandelt Klage der Grünen gegen Geheimhaltung eines Panzerdeals mit Saudi-Arabien
Die Große Koalition will den Bundestag weiter nur eingeschränkt über ihre Rüstungsexportplanungen informieren. Nach Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) werde sich die Regierung künftig über Genehmigungen für den Kriegswaffenverkauf innerhalb von 14 Tagen äußern. »Öffentliche Diskussionen über Rüstungsexporte sind angesichts der sensiblen Materie eine Frage des Zeitpunkts«, sagte de Maizière im Rahmen einer Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Es soll eine schriftliche Mitteilung an den Wirtschaftsausschuss geben. Die Namen der exportierenden Unternehmen werden aber weiter nicht genannt. So sieht es ein Eckpunktepapier von Union und SPD vor. Die Abgeordneten könnten künftig auch dann informiert werden, wenn Waffensysteme ins Ausland gebracht werden, damit interessierte Staaten sie testen können, so de Maizière.
In Karlsruhe ging es um eine Klage der Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Claudia Roth und Katja Keul. Sie wollen, dass die Bundesregierung das Parlament detaillierter und früher über die Ausfuhr von Kriegswaffen informiert. Bislang legt die Regierung jährlich einen Rüstungsexportbericht vor, der im Rückblick statistische Daten aufführt. Informationen zu Voranfragen oder konkreten Genehmigungen der Deals gibt es nicht. Die Entscheidung über Exporte von Kriegsmaterial wird vom Bundessicherheitsrat getroffen. Dieser ist ein Kabinettsausschuss mit sieben Ministern, den Vorsitz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Sitzungen sind geheim.
Über ihre Informationspolitik dürfte die Große Koalition in den kommenden Tagen noch diskutieren. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kann sich jedenfalls eine frühere Mitteilung an das Parlament vorstellen als bisher geplant. Schon die Entscheidung des Bundessicherheitsrats über Voranfragen der Industrie könnte veröffentlicht werden, erklärte der SPD-Vorsitzende.
Einig sind sich Union und SPD darin, dass das Parlament künftig zusätzlich zum jährlichen Rüstungsexportbericht mit einem Zwischenbericht über genehmigte Ausfuhren des ersten Halbjahres informiert werden soll. Ihr Eckpunktepapier wird nach den bisherigen Plänen von Schwarz-Rot bis zur Sommerpause umgesetzt, also möglicherweise erst nach dem Urteil aus Karlsruhe. Zumeist verkündet das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung drei bis vier Monate nach der mündlichen Verhandlung.
Der Opposition gehen die Ankündigungen der Koalition nicht weit genug. Sie wollen schneller Auskunft erhalten. »Waffenexporte haben so schwere Folgen für Menschenrechte, Frieden und Stabilität in Staaten und Regionen, dass Geheimhaltung keinesfalls zu rechtfertigen ist«, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken. Deutschland ist immerhin drittgrößter Waffenexporteur. Van Aken monierte zudem, dass der Bundestag auf Waffenexportentscheidungen keinen Einfluss nehmen könne und allein der Bundessicherheitsrat entscheide.
Kritisch äußerte sich auch Hans-Christian Ströbele. »Bei besonders sensiblen Waffendeals sollte das Parlament in die Diskussion über mögliche Genehmigungen eingebunden werden«, forderte der Grünen-Parlamentarier. Er könne als Abgeordneter aber seinen Kontrollaufgaben nicht nachkommen, wenn er keine Informationen habe.
Hintergrund der Klage der drei Grünen-Politiker vor dem Verfassungsgericht ist eine Auseinandersetzung von 2011. Damals berichteten Medien, dass die Regierung die Lieferung von 200 »Leopard«-Panzern nach Saudi-Arabien plane, obwohl das dortige Regime dabei half, die Demonstrationen in Bahrain blutig niederzuschlagen. Fragen der Grünen zu dem Panzerdeal wollte die damalige schwarz-gelbe Koalition nicht beantworten. Sie begründete dies mit der Geheimhaltungsbedürftigkeit solcher Genehmigungen.
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