Euroländer bleiben im Schuldenstrudel
Die Währungsunion bleibt in Sachen öffentlicher Defizite weiterhin gespalten
Der europäische Schuldenberg wächst langsamer. Wie die EU-Statistikbehörde Eurostat am Mittwoch mitteilte, verringerte sich das öffentliche Defizit im Euroraum von 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2012 auf 3,0 Prozent im Jahr 2013. Damit waren die öffentlichen Haushalte des Euroraums zu Jahresende im Schnitt mit 92,6 Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung verschuldet.
Doch noch immer ist Europa auch in Sachen öffentliche Defizite in einen reichen Norden und einen armen Süden geteilt. So hielten Länder wie die Niederlande, Dänemark und Österreich die Maastricht-Kriterien von maximal drei Prozent Neuverschuldung ein. Deutschland schafft nach Auskunft der Luxemburger Statistiker sogar einen ausgeglichen Haushalt und Luxemburg einen kleinen Überschuss von 0,1 Prozent des BIP. Auch die baltischen Länder wiesen eine geringe Neuverschuldungsrate auf, während Estland mit zehn Prozent der Wirtschaftsleistung den mit Abstand geringsten Schuldenstand hat.
In den südlichen Krisenländern und Irland brachte die rigide Sparpolitik nicht die erhofften Resultate. Denn in diesen Ländern schrumpfte gleichzeitig die Wirtschaftsleistung, was dazu führte, dass sich die Schuldensstandquoten zusätzlich zur Neuverschuldung weiter erhöhten. So schaffte es etwa Spanien, seine Staatsausgaben von 47,8 Prozent des BIP im Jahr 2012 auf 44,8 im Jahr 2013 zu verringern und das öffentliche Defizit von 10,6 auf 7,1 Prozent zu senken. Auch stieg die Wirtschaftsleistung im letzten Quartal 2013 wieder um 0,2 Prozent leicht an. Doch über das Jahr hinweg schrumpfte sie um 1,2 Prozent. Dies führte dazu, dass der Madrider Schuldenberg von 86 auf 93,9 Prozent des BIP angewachsen ist. In Irland und Portugal betrug das Staatsdefizit 7,2 beziehungsweise 4,9 Prozent.
Auch die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, Frankreich, wies ein Minus bei den öffentlichen Haushalten von 4,3 Prozent auf. Da die Wirtschaftsleistung dort mit 0,2 Prozent wuchs, stieg der Schuldenstand lediglich von 90,6 Prozent im Jahr 2012 auf 93,5 im Jahr 2013. Unterdessen hielt Italien im letzten Jahr wie im Jahr zuvor die Maastricht-Neuverschuldungsgrenze mit 3,0 Prozent genau ein.
Das größte Sorgenkind der Eurozone bleibt weiterhin Griechenland. Sein Schuldenstand stieg im letzten Jahr von 157,2 auf 175,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. »Zehn Tage nach ihrem Showbesuch im Troika-Protektorat muss Bundeskanzlerin Angela Merkel die harte Realität zum griechischen Rekordschuldenstand zur Kenntnis nehmen. Wieder sind unverantwortliche Bankenrettungen der Grund für den starken Schuldenanstieg«, kommentierte dies die stellvertretende Vorsitzende der LINKEN im Bundestag, Sahra Wagenknecht.
Der Hauptgrund für den enormen Anstieg des Schuldenberges sind indes die Zinszahlungen, die Athen aufbringen muss. Ohne diese Verpflichtungen hätte Athen einen leichten Überschuss von 0,8 Prozent statt eines riesigen Defizits von 12,7 Prozent erwirtschaftet. »Gleichzeit ist die Säuglingssterblichkeit im Land dramatisch gestiegen, immer mehr Menschen hungern und chronisch Kranke können sich ihre Medikamente nicht mehr leisten«, so Wagenknecht. Spekulanten und Aktionäre seien hingegen die »lachenden Profiteure«.
Eine Studie der Universität Portsmouth in Südengland hat indes einen Zusammenhang zwischen der Austeritätspolitik und der Selbstmordrate unter griechischen Männern nachgewiesen. Demnach führt eine Kürzung im Athener Haushalt um ein Prozent zu einer Steigerung der Selbstmordrate um 0,43 Prozent. Allein in 2009 und 2010 sollen sich demnach nur wegen der Kürzungen 551 Griechen selbst umgebracht haben.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.