Franzosen planen eine Bank fürs gute Gewissen
Tausende Bürgerinnen und Bürger haben bereits für die Errichtung des »ersten moralischen« Finanzinstituts des Landes unterschrieben
Eine Bank, die nur Gutes tut, völlig transparent ist und bei der man auch noch mitbestimmen kann. Kann es so etwas geben? Tausende Franzosen glauben daran und planen gemeinsam und mit Hilfe der Genossenschaft La Nef die »erste moralische Bank« des Landes. Auch aus Deutschland gibt es dafür viel Zuspruch.
Nachdem während der Bankenkrise Millionen Bürger für das Versagen einzelner Bankiers und Spekulanten zahlen mussten, wurden Geldinstituten allerlei böse Dinge nachgesagt. Sie seien die »Fesseln einer humanen und umweltfreundlichen Gesellschaft«. Vielmehr jedoch sollten Banken »Motor der Veränderung« sein. Mit diesen Zeilen wirbt die französische Genossenschaft La Nef um Mitstreiter für die Gründung der »ersten moralischen Bank Frankreichs«. 10 000 Gründungsunterzeichner will man bis Mitte Mai für das Vorhaben gewinnen.
Die moralische Bank verspricht eine »neue Art des wirtschaftlichen und finanziellen Austauschs mit den Kunden«. Der Kunde könne zum einen über die Verwendung seines Geldes mitbestimmen. Zweitens gäbe es eine völlige Transparenz bei »allen Transaktionen, dem Geldtransfer und dessen Einsatz«. Und drittens entschieden über die Strategie der Bank die Genossen selber.
Das die Aktion nicht völlig illusorisch ist, dafür steht der gute Ruf der Genossenschaft La Nef, die das Projekt seit Jahren akribisch plant. Seit der Gründung im Jahr 1988 hat sie sich einen Namen als Förderer von sozialen Initiativen gemacht. Mit mittlerweile 30 000 Genossen und einem Kapital von mehr als 300 Millionen Euro konnte die Stiftung bereits Tausende Projekte in Kunst und Kultur unterstützen ebenso wie im Bereich Umwelt und erneuerbare Energien. 2012 wurden so beispielsweise eine Dokumentation zum Thema Besitzen und eine Studie über die Einführung einer lokalen Währung und ein Projekt über den Erhalt traditioneller Anbauformen in Marokko unterstützt.
Das Manifest der neuen Bank liest sich wie eine logische Fortsetzung des bisherigen Programms. Man wolle vielmehr zur »realen Wirtschaft« beitragen als mit Geld zu spekulieren. Ziel sei es ein »unabhängiger und ernstzunehmender« Akteur im Bankensektor zu werden, der sowohl wirtschaftlich als auch gesellschaftlich erfolgreich sei.
Die Gründung einer ethisch einwandfreien Bank in Frankreich stößt auch in Deutschland auf positive Resonanz. Man wünsche la Nef viel Erfolg bei der Mobilisierung ihrer Mitglieder für die Satzungsänderungen, sagt etwa ein Sprecher der deutschen Niederlassung der Triodos Bank, der größten nachhaltigen Bankenkette Europas. Die Triodos Bank habe seit vielen Jahren partnerschaftliche Beziehungen zu La Nef. Auch die deutsche GLS Bank, die im vorigen Jahr zur nachhaltigsten Bank Europas gekürt wurde, erklärt, sie sei eng mit der Nef verbunden und stehe seit dessen Gründung in regem Austausch.
Nachhaltige Banken haben sich international in zwei Verbänden zusammengeschlossen. Zum einen gibt es das im Nordrhein-westfälischen Witten ansässige Institut for Social Banking (ISB), zum anderen den in Barcelona beheimateten Internationalen Verband für Investoren in der Gemeinwirtschaft (INAISE). Die ISB freut sich laut Vorstandsmitglied Malcolm Hayday über die Initiative der Nef. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass man nicht mehr in klassische Bankenmodelle vertrauen könne. Man brauche »neue Finanzierungswege bei denen Bürger die Entscheider sind.« Seit 25 Jahren sei die Genossenschaft La Nef so eine Bürgerbewegung. Für Hayday seien die Genossen nun bereit die nächste Stufe anzugehen: »Wir wünschen dabei viel Glück!«
Am Thema interessierte haben übrigens gleich zwei spannende Termine in den kommenden Monaten: vom 7. bis 8. Mai lädt INAISE zu seinem Jahrestreffen nach Bochum ein. Und vom 5. bis 10. Juli lädt der ISB zu einer Sommerakademie nach Lyon.
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