Keine Zuflucht für Roma
Bundesregierung will Flüchtlinge vom Balkan schneller abschieben
Berlin. Die Bundesregierung will Asylbsuchende aus drei Balkanstaaten künftig schneller abschieben können. Ein entsprechender Gesetzentwurf werde am Mittwoch im Kabinett beraten, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin.
»Mit dem Gesetz werden Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsstaaten eingestuft«, sagte de Maizière. Ursprünglich wollte der CDU-Politiker auch Albanien und Montenegro in die Liste der sicheren Herkunftsländer aufnehmen, hatte damit allerdings Protest beim Koalitionspartner SPD hervorgerufen. Die Diskussion darüber halte an, sagte der Minister. Eine Klärung erwartet er im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens.
SPD und Union hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, die drei Staaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina in die Liste aufzunehmen. Asylanträge von Menschen aus diesen Balkanstaaten können dann schneller bearbeitet - und in der Regel abgelehnt - werden.
Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren den Plan zur Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten und verweisen dabei auf die Diskriminierung von Roma in diesen Ländern. De Maizière sagte, Serbien habe einen Kandidatenstatus als Mitgliedsstaat für die Europäische Union. Albanien und Bosnien-Herzegowina strebten es an. »Bei diesen Staaten muss man erwarten, dass sie mit ihren eigenen Staatsbürgern gut umgehen«, sagte de Maizière.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte erneuerte indes seine Kritik. Die Leiterin der Abteilung Menschenrechtspolitik, Petra Follmar-Otto, sagte dem epd, jeder Flüchtling habe das Recht auf ein individuelles Verfahren. Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten sei vor diesem Hintergrund schon an sich problematisch. »Es ist innerhalb dieses Verfahrens sehr schwierig, erfolgreich darzulegen, dass eine Verfolgung vorliegt«, sagte sie.
Follmar-Otto ergänzte, in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina fehle Roma häufig der Zugang zu elementaren sozialen Rechten wie Trinkwasser und Sanitärversorgung, Wohnen, Bildung, Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem. Hinzu kämen oftmals das Problem der Staatenlosigkeit und Übergriffe auf die Minderheit. In Einzelfällen könne dies eine so existenzielle Bedrohung darstellen, »dass man auch von Verfolgung im Sinne des Flüchtlingsrechts sprechen muss«, sagte die Menschenrechtsexpertin. epd/nd
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