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Blutiger Tiefpunkt des Calcio

Vor dem italienischen Pokalfinale werden drei Fußballfans aus Neapel angeschossen

  • Micaela Taroni, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Gewalt im italienischen Fußball hat einen blutigen Tiefpunkt erreicht: Vor dem Pokalfinale zwischen Florenz und Neapel am Samstag in Rom wurde ein Fan durch Schüsse lebensgefährlich verletzt.

Italiens Calcio befindet sich nach wie vor fest im Griff der Hooligans und Chaoten: Vor dem Pokalfinale zwischen dem AC Florenz und dem SSC Neapel am Samstagabend in Rom wurde ein Fan durch Schüsse so schwer verletzt, dass er noch immer mit dem Tod ringt. Mindestens neun weitere Tifosi erlitten durch Schüsse oder Stiche teils lebensgefährliche Verletzungen. Obwohl sich die Ausschreitungen im Olympiastadion unter den Augen von Italiens Premierminister Matteo Renzi fortsetzten, wurde das Spiel mit 45 Minuten Verspätung angepfiffen. Der 3:1 (2:1)-Erfolg der Neapolitaner geriet aber zur Nebensache.

Nach den schweren Krawallen rund um das Pokalfinale wurde ein polizeibekannter Hooligan des AS Rom im Krankenhaus festgenommen. Der Mann soll mit einer Pistole auf drei Fans von Neapel geschossen haben, als diese den Römer provoziert und seinen Blumenkiosk verwüstet hatten. Die Neapolitaner wurden verletzt, einer von ihnen lebensgefährlich. Der Tatverdächtige bestreitet die Vorwürfe allerdings. Der Römer wurde nach dem Schusswechsel von einer Gruppe aufgebrachter Neapel-Fans angegriffen, mit Stöcken geschlagen, ebenfalls verletzt und liegt mit einem gebrochenem Bein im Krankenhaus. Dort stellte ihn die Polizei unter Arrest. Gegen ihn wurde Anzeige wegen versuchten Totschlags erstattet.

Der 30-jährige Neapolitaner, den der römische Hooligan angeschossen haben soll, kämpft derweil weiter um sein Leben. Er wurde notoperiert, nachdem eine Kugel seine Wirbelsäule getroffen hatte. Weniger kritisch ist die Situation der anderen beiden Angeschossenen. Ein 43-Jähriger wurde an der rechten Hand verletzt, ein 32-Jähriger kam mit Wunden am Arm und am Gelenk davon. Insgesamt zehn Personen wurden laut vorläufigen Angaben bei verschiedenen Vorfällen zum Teil schwer verletzt.

Die Gewalt setzte sich im Olympiastadion fort. Massen an Feuerwerk flogen aus den Blöcken in Richtung Spielfeld. Die Napoli-Fans hatten nach den Vorfällen zunächst offenbar gefordert, die Partie zu verschieben, Kapitän Marek Hamsik hatte minutenlang mit ihnen diskutiert. Für Debatten sorgte die Tatsache, dass Hamsik mit dem Anführer der Neapel-Ultras, dem Sohn eines Mitglieds der neapolitanischen Mafia Camorra, verhandelte. Präsident Aurelio de Laurentiis bestritt allerdings, dass die Ultras über den Anpfiff mitentschieden hätten. Die Neapel-Anhänger warfen währenddessen Feuerwerkskörper auf Ordnungskräfte, mindestens ein Feuerwehrmann wurde dabei verletzt. Schließlich begann das Match mit großer Verspätung. Als die italienische Hymne gespielt wurde, ertönten Pfiffe aus den Reihen der Neapel-Fans.

Zu Krawallen war es auch außerhalb Roms gekommen. Mindestens drei neapolitanische Fans wurden auf dem Weg nach Rom auf einem Rastplatz nördlich der Hauptstadt von Fiorentina-Ultras angegriffen und mussten ärztlich behandelt werden. Krawalle zwischen rivalisierenden Fans ereigneten sich auch auf einer Raststätte unweit von Arezzo. Hier hatte ein Polizist im Jahr 2007 den Lazio-Rom-Fan Gabriele Sandri erschossen.

Der AC Florenz verpasste seinen ersten Titel seit 15 Jahren. Mit dem fünften Gewinn der Coppa Italia in der Klubgeschichte feierte Neapel seinen ersten Titel seit dem Pokalsieg vor zwei Jahren. Neapel ging durch zwei frühe Tore von Lorenzo Isigne (11./17.) in Führung, Florenz kam durch Juan Vargas (28.) zum Anschlusstreffer. Kurz vor Spielende sorgte der Belgier Dries Mertens für die Entscheidung. nd/SID

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