Vertragsverkauf - mit Überraschungen
Bausparverträge
Bausparverträge gehören immer noch zu den beliebtesten Sparformen der Bundesbürger. Dabei sind die einträglichen Zeiten mit Turbozinsen längst vorbei und die meisten Verträge heute mit niedrigen Zinssätzen ausgestattet. Für Verbraucher, die später wirklich ein Haus bauen oder eine Eigentumswohnung kaufen wollen, mag sich Bausparen trotzdem rechnen - lockt doch später ein recht günstiger Baukredit.
Doch wer sich zwischenzeitlich für einen anderen Weg entschieden hat, möchte oft nur noch schnell aus Vertrag aussteigen. Auch andere Gründe - Arbeitslosigkeit oder Krankheit - führen dazu, dass Bausparverträge gekündigt werden sollen. In der Praxis ist das oft ein schwieriger, sogar dornenreicher Weg. Auch weil die Bausparkassen oft mauern. Schließlich verlieren sie einen guten Kunden.
Grundsätzlich gilt: Die Kündigungsfrist beträgt bei den meisten Bausparkassen drei bis sechs Monate. Mit dem Ausstieg entfällt auch der Anspruch auf das Darlehen sowie auf staatliche Prämien. Soweit der rechtliche Rahmen.
Doch gibt es auch Kulanz gegenüber der Kundschaft. So wandeln Bausparkassen Sparguthaben selbst vor Ende der Kündigungsfrist in frei verfügbare Euro um. Einlagen bis zu 1500 Euro zahlt beispielsweise die BHW ohne Abzüge auf Wunsch unverzüglich aus. Wer mehr Geld angespart hat, muss jedoch 0,5 Prozent pro Monat berappen, um vor der sechsmonatigen Kündigungsfrist an sein Geld zu kommen.
Bei der LBS ist eine kostenfreie Auszahlung immerhin schon drei Monate nach der Kündigung möglich. Jeder Tag früher schlägt mit einem Abzug von 0,025 Prozent zu Buche - bei 10 000 Euro macht das 2,50 Euro pro Tag. Die Debeka wiederum (ebenfalls nur drei Monate Kündigungsfrist) kassiert in einem solchen Fall 0,5 Prozent des Guthabens.
Übertragen oder Verkaufen?
Neben der Kündigung gibt es eine weitere Ausstiegsmöglichkeit: die Übertragung des Vertrages an Dritte. Doch die ist nur in Ausnahmefällen möglich. Hier verweisen Bausparkassen gern auf strenge Regeln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Danach können »ganze« Sparverträge (Guthaben plus Darlehenszusage) zwar grundsätzlich übertragen werden, allerdings nur an enge Angehörige, etwa Eltern oder Kinder.
Auch gegen einen »Teilverkauf« haben sich die Kassen lange gewehrt. Erst einige Gerichtsurteile führten zum Umdenken in der Branche. Inzwischen sollen Teilverkäufe allein des Guthabens recht reibungslos funktionieren. Auch wenn dies ein Geschäft ist, das Bausparkassen nach den Erfahrungen der Verbraucherschützer nur widerwillig abwickeln.
Anbieter im Internet
Verbraucher können zudem ihren Bausparvertrag übers Internet an Firmen verkaufen: Möglich ist aber auch dann allein die Abtretung des Guthabens. Und dies scheint ein gutes Geschäft für Dritte zu sein: Auf ausstiegswillige Bausparer haben es diverse Firmen im Internet abgesehen.
So die Pacta-Invest, die gleich mehrere Ankaufseiten mit Namen wie »Cash-LV« oder »Policencash« betreibt. Letztere wirbt etwa mit: »Nutzen Sie die Policencash-Bausparer-Ankauf-Garantie«, um Altverträge in »ca. 20 Tagen« in bare Münze umzuwandeln. Das Guthaben sollte »mindestens 1000 Euro betragen«. Das hört sich schnell und einfach an. Bei einem Guthaben bzw. Rückkaufswert von 10 000 Euro lockt - abzüglich einer Pauschale von 5,5 Prozent - eine Auszahlung von 9450 Euro. Bei kleineren Guthaben bis fast 4000 Euro erhöht sich die Pauschale auf 7,5 Prozent, bei Summen darunter sind pauschal 295 Euro fällig.
Wesentlich »forscher«, so der Düsseldorfer Verbraucherschützer Georg Tryba, trete dagegen Konkurrent Hypoxx auf. Die Firma verspricht vollmundig eine »attraktive Extraprämie von bis zu 12 Prozent«. Ein Traumwert, der Tryba eher unrealistisch erscheint: Realistischere Angaben ständen wohl auf der weiteren von Hypoxx verantworteten Seite »baupar-ankauf.de«. Nach der sind statt Aufschlägen eher Abschläge zu berappen - je nach Guthaben von fast fünf bis zehn Prozent. Damit nicht genug: In Fällen, bei denen aufgrund der Vertragskonditionen oder dem Vertragsstatus keine Weitervermittlung durch den Aufkäufer möglich ist, soll Hypoxx fünf Prozent, mindestens 275 Euro pro Vertrag berechnen.
Warnung vor Stolperfallen
Im Internet zeigt sich, dass auch andere Angebote zumindest auf den ersten Blick unübersichtlich sind und manche Stolperfallen enthalten. Mit Überraschungen müssen also kündigungswillige Bausparer rechnen. Ein Risiko, das bei der eigenen Bausparkasse entfällt.
Wir raten Verbrauchern, bei Offerten im Internet doppelt vorsichtig zu sein und mehrere Angebote vor Vertragskündigung einzuholen und zu vergleichen. Auch ein vertrauliches Gespräch mit der eigenen Bausparkasse kann sich auszahlen. Hermannus Pfeiffer
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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