FC Bayern findet inneren Frieden in Berlin
Mit dem Pokalsieg gegen Borussia Dortmund vertreiben die Münchner rechtzeitig ihre Selbstzweifel
Das Beste kommt zum Schluss. »Jubel, Double, Heiterkeit« - dieses Motto hing am Sonntag am Münchner Rathausbalkon auf dem Marienplatz. Der FC Bayern feierte nach der Meisterschaft mit dem Pokalsieg über Borussia Dortmund den zweiten Titel dieser Saison. Für die Trophäensammler von der Isar fast schon Normalität: Der 17. Pokalsieg machte das zehnte Double der Vereinsgeschichte perfekt. Ganz und gar nicht normal waren hingegen die vergangenen zwei Monate. Es begann mit der Verurteilung von Vereinspräsident Uli Hoeneß, setzte sich nach der früh nie gewonnenen Meisterschaft mit dem Rhythmusverlust im Spiel der Mannschaft fort und fand den Tiefpunkt mit der 0:4-Niederlage im Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid. Wer san mia? Selbstzweifel statt Selbstvertrauen - der FC Bayern war in seinen Grundfesten erschüttert.
Dass nun die Heiterkeit zurück ist, ist für die Münchner wichtiger als der Titel. »Ich weiß, was los gewesen wäre, wenn wir nicht gewonnen hätten«, sagte Arjen Robben, der den FC Bayern vor 76 000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion nach nach 107 Minuten in Führung gebracht hatte. Zumindest das Maß an öffentlicher Kritik, das auf die Münchner zugekommen wäre, wird der Niederländer erahnt haben. Vielleicht hatte Robben aber auch ansatzweise schon die Auswirkungen auf den inneren Frieden beim FC Bayern vor Augen. Wahrscheinlich wäre nach der zweiten Niederlage gegen die Dortmunder in Folge alles infrage gestellt worden, natürlich auch die Spieler, vor allem aber Trainer Pep Guardiola samt seiner Ballbesitzphilosophie.
All diese Gedanken schienen die Münchner am Samstagabend mit in das Spiel genommen zu haben - als Motivation. »Wir wollten unbedingt gewinnen, das hat man gesehen auf dem Platz«, sagte Robben. Nicht umsonst plagten sich fast ausschließlich Spieler des FC Bayern mit Krämpfen, teilweise schon vor der Verlängerung. Thomas Müller, der in der Schlussminute zum 2:0-Endstand getroffen hatte, schaffte es kaum aufs Siegerpodest.
Es war ja auch ein intensives Spiel zwischen den beiden besten deutschen Mannschaften, hochklassig war es nicht. Auffällig gut agierten vor allem die Abwehrspieler: Dortmunds Innenverteidiger Mats Hummels und Sokratis, auch wenn er vor dem 0:1 hätte klären können. Bei den Bayern stach Javi Martínez heraus. Von Trainer Pep Guardiola ins Zentrum der neu formierten Dreier-Abwehrkette gestellt, räumte der Spanier alles weg, was sich ihm in den Weg stellte, beherrschte Raum und Gegner. Torchancen gab es nur wenige, und wenn doch, war zumeist Arjen Robben daran beteiligt.
Das bedeutete im Umkehrschluss, dass die Dortmunder an diesem Abend zur offensiven Unterhaltung so gut wie nichts beizutragen hatten. Der künftige Münchner Robert Lewandowski blieb in seinem letzten Spiel für den BVB blass und wirkte etwas zu teilnahmslos. Das schnelle Konterspiel der Borussia kam durch die taktischen Umstellungen Guardiolas erst gar nicht ins Rollen. Einmal hatten es die Dortmunder aber doch geschafft, den Ball hinter die Linie des Münchner Tores zu bringen. Doch Schiedsrichter Florian Meyer verwehrte dem Kopfballtreffer von Hummels in der 64. Minute fälschlicherweise die Anerkennung. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp spekulierte später nur kurz, was gewesen wäre wenn. Denn schließlich stand es zu diesem Zeitpunkt noch 0:0. Er besann sich lieber schnell auf das Wesentliche - und gab den Befehl zum Feiern, nach »einer großartigen Saison.« Zweiter in der Bundesliga und kommende Saison wieder in der Champions League dabei, wo sich die Borussia in diesem Jahr erst nach großem Kampf knapp Real Madrid geschlagen geben musste.
Die Münchner spekulierten ob des nicht gegebenen Dortmunder Treffers nicht. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, ihren Sieg zu genießen, der letztlich auch ein verdienter war. Der FC Bayern hat schließlich am Samstagabend nicht nur den Pokal gewonnen, sondern sich auch sein Selbstverständnis zurückgeholt. In München heißt es jetzt wieder vollster Überzeugung »Mia san mia«. Der national stärkste Konkurrent wurde in die Schranken verwiesen und muss in der kommenden Saison zudem den Abgang von Stürmer Robert Lewandowski verkraften. Und Pep Guardiola hat allen vorschnellen Kritikern bewiesen, dass er mindestens einen Plan B hat.
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